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Das Halsband des Glücks und die Kette des Zorns

Bismillahirrahmanirrahim


Das Halsband des Glücks und die Kette des Zorns

Sheikh Eşref Efendi, Berlin, 31.12.2014

 

»Unser Weg ist der Weg der spirituellen Ansprache, der Sohbet. Der Segen liegt in der Gemeinschaft.«, sagte Großsheikh Shah Naqshband.

 

Die Sohbet soll die Schlafenden aufwecken und die Verschlossenen öffnen, den Verrückten etwas Verstand geben und die Intelligenz der Intelligenten mehren.

 

Möge der Herr uns dort, wo wir alle unausweichlich hingehen werden - ins Hiernach - ewige Glückseligkeit gewähren!

Auf der Straße scheinen Hunde oft herrenlos zu sein, weil sie allein unterwegs sind. Doch an ihrem Halsband kann man erkennen, dass sie ein Herrchen oder Frauchen haben. Was bedeutet das für diese Hunde? Sie wissen, dass sie das Band der Glückseligkeit um ihren Hals tragen. Sie haben einen Herrn, der sich um sie kümmert, für sie sorgt.

 

Ohne dieses Band wären sie allein, nicht in fürsorglichen Händen sind. Ständig befinden sie sich im Überlebenskampf, werden dadurch aggressiv und sind entsprechend angriffslustig. Auf der Straße müssten sie sich ihren Platz und ihre Nahrung erkämpfen, für jeden Knochen mit einem anderen Hund den Kampf aufnehmen und sich in den Mülltonnen zurechtfinden. Gelingt ihnen das nicht, würden sie sicherlich dahinsiechen.

 

Für Hunde mit Halsband ist die Welt ein Paradies. Es bedarf keines Kampfes. Sie sind versorgt, ohne etwas dafür tun zu müssen. Wo sie sich gerade befinden werden ihnen Schüsseln mit Nahrung und Wasser gestellt, sie werden gekämmt, einige sogar zum Friseur gebracht. Sie sind versorgt, rundum gepflegt und behütet.

 

Auch sind diese Hunde versichert. Sofern sie mit einer Pfote auch nur auf einen Dorn treten, wird sofort der nächste Veterinär aufgesucht und die Versichertenkarte vorgelegt: »Mein Hund ist versichert.« Es soll auch vorkommen, dass Hunde Erbschaften antreten: Versterben ihre Herrchen oder Frauchen, erben sie das Hab und Gut. Was für ein Glück!

 

Da kann nun kein Mensch mehr sagen: »Was für ein Hundeleben.« Nein, um Gottes Willen: Das ist ein Sultan-Leben, welches die Hunde mit dem Halsband der Glückseligkeit führen.

 

Warum erzählen wir von solch einem Hundeleben? Weil wir davon vielleicht noch nie in dieser Art und Weise hörten. Der Herr sagt:» Horch den Dingen zu, von denen ihr noch nichts wisst.«

Wir sind hier, um Wissen zu erlangen.

 

Ganz gleich, wie viel Wissen du bekommst: Auf der Waagschale mit dem dir selbst angeeignetem Wissen und dem dir noch unbekannten, noch verborgen Wissen, wirst du immer den Kürzeren ziehen. Immer wirst du zu wenig wissend sein und somit letztendlich immer der Unwissende bleiben. Denn das Wissen ist unendlich...

 

Der Herr hat in der Zeit der Vorewigkeit, noch bevor der Mensch erschaffen wurde, zwei Ketten - zwei Halsbänder - erschaffen: Das eine nannte Er das ‹Halsband der Glückseligkeit und Ehre›, das andere die ‹Kette des Unglücks und des Zorns›.

Allah hat auf die verborgene Tafel, auf der alles Wissen, alles Dasein geschrieben steht, schreiben lassen: »Die eine Kette ist das Halsband der Glückseligkeit, die andere das Band des Unglücks und des Zorns. Ich werde Geschöpfe in die Schöpfung bringen, die das Halsband der Glückseligkeit tragen und ein Geschöpf, das das Halsband des Unglücks und des Zorns tragen wird.«

Kennt ihr dir Geschichte von Iblis, dem Teufel? Bevor Iblis der Teufel wurde, war er in der Schöpfung eine hochangesehene Persönlichkeit.
Er war der Anführer, die Führungsperson der Engel.


Durch seine Dienste hat er sich hochgearbeitet, höher hinauf als die Engelstufe. Er wurde zum Meister der Engel, denn er hatte mehr Wissen als sie.

 

Denkt nicht, die Engel wüssten viel mehr als der Mensch. Von dem, was Allah dem Menschen, dem Propheten Adam (Friede auf ihn) alles an Wissen gab, ihm beigebracht hat, haben die Engel im Verhältnis betrachtet nicht mal ein Sandkörnchen bekommen.

Die größte Ehre gebührt dem Menschen. In einem heiligen Vers heißt es: »Wir haben dem Propheten Adam alles beigebracht, alles Wissen gegeben. Und nun verneigt euch, meine übrige Schöpfung, vor Adam, dem Menschen!«

 

Iblis, der Teufel, hatte keine Konkurrenz, als er sich auf der Karriereleiter des Himmels in Wissen und Dienerschaft hocharbeitete, die Führung der Engel übernahm und sein Wissen an sie weitergab. Er war dort der Weiseste, außer ihm gab es kein anderes Wesen. So konnte er die Führung übernehmen.

 

Doch dann erschuf der Herr den Menschen und sprach: »Wir haben Adam, den Propheten der Menschen, alles in der Schöpfung existierende mit seinen Namen beigebracht.« Somit hat Adam (Friede auf ihn) alles, was in die Existenz gekommen und gegangen ist und noch kommen wird in Form, Gestalt, in Namen vom Herrn als Wissen bekommen.

 

Solange jemand auf seinem Platz keine Konkurrenz hat, erfährt er keine begleitenden Gefühle wie Neid und Eifersucht. Doch kaum kommt jemand in seine Gegenwart, der genauso viel oder gar noch mehr Wissen hat, entsteht Rivalität, Konkurrenz. Dieser Zustand bringt dann diese Gefühle Neid und Eifersucht mit sich.

 

For example: Ist eine Frau unter einhundert Männern die Einzige, kennt sie diese Gefühl von Eifersucht nicht. Sobald aber auch nur eine Frau dazu kommt, ist Konkurrenz zugegen und es gibt Krieg.

 

So hat der Herr den Menschen Adam (Friede auf ihn) erschaffen, wesentlich wissender und mit mehr Ehre versehen als Iblis. Als der Herr befahl »Verneigt euch vor Adam, denn er ist mein Stellvertreter, ihm gebührt die höchste Ehre, er ist die Krone meiner Schöpfung!« taten alle Engelwesen und Geschöpfe wie ihnen geheißen und verneigten sich vor ihm. Bis auf Iblis! Denn er war neugierig, hatte er doch das Wissen über die Erschaffung der beiden Halsbänder.

 

Um zu schauen, ob der neuerschaffene Adam (Friede auf ihn) eines dieser Halsbänder erhält, starrte er unablässig auf die göttliche Tafel.

Prompt traf ihn das Band des Unglücks wie ein Lasso und ergriff ihn. Das Band hatte leichtes Spiel mit ihm, denn Iblis war der Einzige der stand – alle anderen befanden sich gehorsam in der Verneigung.

 

Welch ein Segen, was für einen Schutz die Niederwerfung doch in sich birgt - was für eine Weisheit der Barmherzigkeit des Herrn!

Wenn du irgendwo in der Landschaft stehen würdest und eine Cowboy käme mit einem Lasso, du wärest für ihn freie Beute; sofort gefangen und gefesselt. Doch in der Niederwerfung könnten noch so viele Cowboys mit ihren Lassos kommen - sie könnten dich nicht binden und fesseln.

 

Dieses neidvolle Wesen, den wir jetzt Teufel nennen, weil Allah befahl »Zum Teufel mit ihm!« hat all seine Ehre verloren.

Der Teufel wurde zum Teufel, weil er dem Herrn nicht folgte, als dieser sprach: »Verneigt euch allesamt vor meinem Stellvertreter, vor meiner Krone der Schöpfung, der das Halsband der Glückseligkeit tragen wird.« Stattdessen ließ er sich von der Neugier packen, wer denn nun das Halsband des Unglücks und des Zorns tragen müsste. Als einziger stehend wurde ihm seine Neugier zum Verhängnis.

In dem Werdegang des Teufels von der höchsten Karriere im Himmel bis zum tiefsten Fall liegt die Weisheit verborgen, was den Menschen zum Zorn, zu Unglück und zum Fall bringen kann:

 

Das Erste, wovor sich der Mensch hüten sollte, ist das Gefühl des Neides und der Eifersucht. Ganz gleich, auf welcher Stufe man sich befindet, wie viele Titel man besitzt und wie viel Wissen man sich angeeignet hat: Stets sollte man sich davor in Acht nehmen, anderen gegenüber Neid zu empfinden.

 

Als Zweites gilt, nicht zu neugierig zu sein, die Neugier zu kontrollieren. Denn auch Neugier kann einem das Unglück und den Fall bescheren.

 

Was ist in diesem Abgrund? Wirf dich hinunter, dann weißt du Bescheid.

Der Grund, weshalb Iblis verflucht wurde, zum Teufel gejagt und zum Teufel geworden ist, liegt an diesen zwei Emotionen und Zuständen: Zum Einen ist er aus Neid nicht in die Niederwerfung gegangen.

Dieses Neidgefühl brachte ihn zu Fall. Und zum Zweiten erlag er der Neugier, die ihn ebenfalls nicht niederwerfen ließ. Dieses zweite Gefühl ließ ihn letztendlich noch tiefer stürzen.

 

Was bringt den Menschen den größten Schaden? Diese zwei Zustände - neugierig und neidisch zu sein.

Der Teufel weiß, warum er gefallen ist, warum er all das, was er sich angeeignet und erarbeitet hat, verlor. Er weiß, dass sein Fall auf Neid und Neugierde beruht. Der Rachegefühle voll hat er nur ein Ziel: In den Menschen Neid und Neugier hervorzurufen, damit sie auf die gleiche Art und Weise wie er selbst von der höchsten Ehre, die Allah gegeben hat, herabstürzen.

So sprach der Teufel: «Die Zustände von Neid und Neugier, die mich von meiner hohen Position fallen ließen und mir dadurch das Band des Unglücks und des Zorn um meinen Hals banden, sollen fortan auch den Menschen von seiner Ehre fallen lassen und ihm genau wie mir das Band des Unglücks um den Hals legen.«

 

Wie nähert sich nun der Teufel seinem Plan der Rache? Er flüstert dem Menschen Neid und Neugierde ein. Er gibt ihm das Gefühl, seine seine Nase dort hineinzustecken, wo sie nicht hingehört und lässt Neid in ihm aufkommen: »Guck mal, da hast du einen Rivalen, einen Konkurrenten und der tut so, als ob er besser wäre als du.«

 

Dieses Gefühl bringt Feindschaft, auch Kampf und dann Krieg mit sich.

Ist es denn nicht so, dass an gefährlichen Orten die Aufschrift »Zutritt verboten« zu lesen ist? Der Mensch, der daran vorbei geht erkennt, dass damit auf eine Gefahr hingewiesen wird. Doch was passiert? Er bekommt eine Einflüsterung des Teufels ins Ohr: »Schau doch mal nach, was sich dahinter verbirgt. Es ist verschlossen, weil man dich dort fernhalten will - aber wieso? Wenn du schon nicht eintreten kannst, dann riskier doch wenigstens einen Blick hinein.«

 

So erwacht die Neugierde und mit ihr das Fehlverhalten.

Allah gibt in Seinen Offenbarungen Gebote und Verbote. Er gibt vor, welche Nahrung unschädlich und schädlich ist und verbietet daher, was für den Menschen schlecht ist. Der Mensch kann in Versuchung kommen und sich sagen: »Der Herr sagt, ich soll das nicht essen. Aber diejenigen, die sich nicht daran halten, sie schmatzen so laut – es muss doch sehr lecker sein und einen guten Geschmack haben.« Und schon ist sie da, die Neugierde...

 

Je mehr dein Gegenüber an der Bockwurst knabbert, desto mehr hast du triefende Mundwinkel und darauf Appetit, auch einmal abzubeißen. Dann wird dir eingeflüstert: »Er ist ein Adamskind, ich bin auch ein Adamskind. Er darf und ich nicht? Warum?«

Es fängt also mit der Neugierde an. Der Teufel kommt dir näher und flüstert: »Schau doch mal, es muss doch irgendwie köstlich schmecken. Ach, wenn wenn man doch wenigstens kosten könnte...«Und du antwortest dir selbst: »Na ja, einmal ist keinmal, ich werde mal abbeißen.« Und, da du nun schon einmal da bist, isst du die ganze Bockwurst-Bude leer. Anstatt dir zu sagen: »Ist mir doch Wurst!«

Die Wahrheit ist, dass der Mensch, der als Diener erschaffen und in diese Welt gebracht wurde, auch nicht herrenlos ist. Ob er das nun weiß oder nicht: Er trägt ein Halsband! Die Menschen, die sich ihrer Dienerschaft bewusst sind und die Ge- und Verbote des Herrn treu einhalten, tragen das Band der Glückseligkeit. Die anderen tragen das Band des Unglücks und des Zorns.

 

Doch in jedem Augenblick kann sich das ändern, je nachdem, wie man sich seinem Herrn nähert und Sein Wohlgefallen erlangt. Trage ich heute noch das Band der Glückseligkeit, kann es sein, dass mich durch ein Fehlverhalten im nächsten Moment das Halsband des Unglücks und Zorns ergreift.

 

Wie die bekannten Lichtspiele, die fortwährend die Farbe wechseln, von grün zu rot, zurück zu grün - genauso ändert sich auch der Zustand deines Halsbandes.

 

Es kann sein, dass du am Morgen mit dem Halsband der Glückseligkeit oder aber des Unglücks und des Zorns aufwachst. Und nachts, wenn du zu Bett gehst, trägst du ebenfalls eines der beiden Halsbänder. Abhängig von deinem Verhalten, deinem Zustand, deiner Dienerschaft, ändert sich die Farbe, der Zustande und die Qualität deines Halsbandes: Von Glückseligkeit zu Unglück oder andersherum.

Eine Überlieferung des Propheten Mohammed (Friede auf ihn) bestätigt genau dieses Phänomen. Er sagte: »Es kann sein, dass derjenige, der mit Glauben, mit Iman, zu Bett geht, am nächsten Morgen ohne Glauben aufwacht oder ein anderer, der ohne Glauben zu Bett geht, am nächsten Morgen mit Glauben erwacht.«

 

In der Schöpfung gibt es kein Geschöpf, das kein Halsband trägt. Alles in der Schöpfung ist durch den Schöpfer erschaffen. Entsprechend dem Hersteller eines Produktes, der es in den Markt einführt und mit Namen und Logo versieht, bekommt jedes Geschöpf, bevor es in die Schöpfung hineingebracht wird, ein Halsband. Ein Etikett mit der Aufschrift: ‹Diener des Herrn!›

Schaut euch einmal um: Männer, Frauen - alle mögen es, Ketten zu tragen. Ob am Arm, am Ohr, am Hals: Sie schmücken sich mit Bändern. Woher kommt diese Inspiration, dieses Bedürfnis? Genau daher, weil der Mensch mit einem Halsband, mit einer Kette in die Existenz gebracht wurde.

 

Besonders die Damen schmücken sich gern mit Halsketten: »Ich hätte gern eine Perlenkette, eine Rubinkette - sie soll besonders schön sein und zu der Farbe meiner Augen passen.« Schön möchte man sein und daher eine schöne Kette tragen. Dabei hat doch der Herr den Menschen die schönste Kette überhaupt gegeben: Das Halsband der Dienerschaft!

 

Verhält man sich diesem Halsband entsprechend, bekommt es das Funkeln eines Diamanten, die Qualität der Glückseligkeit. Deine Dienerschaft wird zur Glückseligkeit! Kommst du jedoch der Dienerschaft nicht nach, ändert sich die Qualität der Kette. Statt der funkelnden Pracht wird eine verschmutzte, verrostete, dunkle Kette an deinem Hals hängen: Das Band des Unglücks und des Zorns.

Je nachdem, mit welchem Band du diese Welt verlässt, wird dir entweder ein VIP-Paradiesschein überreicht - oder du bist out. Entweder in oder out!

 

Möge Allah uns unseren Verstand öffnen, um zu verstehen, was unser wahres Wesen ist.

Es gibt Menschen, die sagen: »Nein, ich möchte keine Ketten, weg mit ihnen, ich möchte Freiheit!«

Allah hat dir einen freien Willen gegeben, doch nur im Rahmen deiner Möglichkeiten. Und die sind begrenzt. Folglich gibt es in dieser Welt diese Freiheit nicht!

 

Ganz gleich, in welchem Land, in welchem Staat, ob du in Amerika, Frankreich oder England lebst, in einer Demokratie oder in anderen politischen Verhältnissen – mögen sie dir auch sagen: »Hier lebst du frei! Der Mensch muss seine Freiheit genießen.«... Dem ist nicht so! Denn niemand kann dir so ein Versprechen geben: Die Freiheit des Menschen auf Erden ist begrenzt!

 

Welches Land kann dir das bieten? Amerika? England? »Wir sind die Wiege der Freiheit und Demokratie!« Eine Lüge, diese Wiege! Unbegrenzte Freiheit, unbegrenzten Freiraum gibt es nicht. Seien auch Frau Merkel, David Cameron und Obama anderer Meinung, sie sollen das beweisen. Was können sie versprechen? Demokratie, unbegrenzte Freiheit? Es gibt sie nicht, in keinem Land. Das ist die Wahrheit!

 

Wie ist das nun zu verstehen? Wenn es keine absolute Freiheit gibt, dann bedeutet das, dass alles in der Existenz ein Halsband trägt. Mit einer Leine versehen, an der einer zieht.

 

Der Knackpunkt ist nun: Wer zieht an deiner Leine?

Das ist es!

 

Stell dir selbst diese Frage, und wenn du drauf› gekommen bist, gib mir die Antwort. Du entscheidest!

 

Und nun zieh Leine! Selam aleykum!

 

Fatiha