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Diese Welt ist der Rückzugsort der Seele

Bismillahirrahmanirrahim


Diese Welt ist der Rückzugsort der Seele

 

Sheikh Eşref Efendi, Berlin, 01.03.2014

 

Begrüßt euch untereinander mit: Es-selamu aleykum!

Ein Gruß, der stets vom Himmel kommt. Dieser himmlische Gruß wird nicht grundlos ‚himmlisch‘ genannt: El Selam ist ein Name des Herrn!

 

Wir haben uns hier im Namen des Herrn versammelt, um mit Ihm zusammen zu sein, über Ihn zu hören. Daher sollten wir uns auch hier mit Seinem Namen begrüßen:

Selam aleykum!

 

Begrüßen wir uns ebenfalls mit ‚Merhaba‘. Denn mit diesem Gruß werden uns die Engel im Himmel empfangen.

In diesem Sinne begrüßen wir alle, die von nah und fern hierhergekommen und angereist sind. ‚Merhaba‘ auch zu jeder Seele, die auf diese Erde hinabsteigt, Sekunde für Sekunde in diese Welt hineingeboren wird. ‚Merhaba‘ für die Ankömmlinge, Adé‘ zu denen, die diese Welt verlassen. Wir verabschieden sie mit ‚Lebet wohl‘ und ‚Adé‘, weil jene, die von dieser Welt gehen, sie für immer verlassen werden – denn ein Zurück gibt es nicht.

 

Diese Welt ist eine Gaststätte auf der Reise in die Ewigkeit. Hier als Gast für eine kurze Zeit zu rasten, um dann für immer von dieser Welt zu gehen.

 

Warum ist diese Welt eine Raststätte? Zeitgleich die Seele in die Schöpfung tritt, ist sie ein Reisender, immer in Bewegung, immer auf Reisen. Nur um kurz zu verschnaufen, zu rasten, verweilt sie hier und setzt dann ihre Reise fort.

Manchmal denkst du an eine bestimmte Person „Ach, sie ist jetzt bestimmt an diesem oder jenen Ort.“ Doch ist das nur die physische Hülle. Die Seele, die in dieser Hülle steckt, ist immer auf Reisen, immer in Bewegung.

 

Eine Seele auf Reisen ist mal in dem einen, mal in einem anderen Zustand. Daher der Ausspruch: „Heute bin ich in einem anderen Zustand“. Befindet man sich nun in einem anderen Zustand, dann ist man entsprechend auch auf einem anderen Weg - entweder auf dem rechten, guten oder auf dem falschen Pfad. Doch solange du den Pfad nicht verlässt, bist du wenigstens auf Weg. 

Du solltest darauf achten, nicht vom Weg abzukommen und nicht verloren zu gehen. Denn ohne Zweifel wurdest du erschaffen, um deine Reise auf ihm anzutreten. Du bist ein Reisender - du musst dich auf diesem Pfad bewegen. 

Seit wann ist die Seele auf Reisen? Das allein weiß der Herr, denn Er ist der Wissende. 

 

Es gibt eine Zeit vor der Vorewigkeit, doch das Wissen darüber ist uns verborgen. So wurde uns berichtet, dass der Herr allen Seelen in der Zeit der Vorewigkeit die Frage stellte: „Bin ich nicht euer Herr?“ Yes, Sir! Alle Seelen antworteten zugleich: „Ja, du bist unser Herr.“ Seit diesem „Tag des Gelübdes“ befindet sich die Seele auf Reisen.

Warum stellte der Herr ihnen diese Frage?

 

Weshalb ist die Seele auf Reisen und wieso gibt es diesen Pfad, den sie bereisen und bestreiten muss?

Jeder Weg ist eine Schule. Wer sind nun die wahrhaft Wissenden: Die Studierten oder die, die gereist sind und die Welt gesehen haben? „Probieren geht über studieren!“ Der Reisende macht sich diese Devise zu Eigen: Er hat gesehen, gerochen und geschmeckt, hat gelebt und erlebt – sein Wissen ist ein viel größeres als das eines Studierenden.

 

Der Herr erschuf die Seelen als Reisende und fragte sie: „Bin ich nicht euer Herr?“

Diese Frage war zugleich auch die allererste Lehre. Jeder Schritt auf diesem Weg ist eine Unterweisung - man lernt, indem man sich bewegt.

 

Wie ist das mit den Neugeborenen, die in den Schoß ihrer Mütter fallen? Von dem Augenblick an, wo sie in die Welt geboren werden, in die Arme ihrer Mütter, werden sie von der Mutter erzogen.

 

Gleichzeitig mit der Geburt beginnt Erziehung. Spricht man von Erziehung, beinhaltet das Lehren. Und damit ist Wissen gemeint: Wissen darüber, was richtig und falsch ist.

 

Die Seele ist auf der Reise, um zu lernen. Mit jedem Schritt, in jedem Augenblick und Zustand, den die Seele durchwandert, bekommt sie eine zusätzliche Lehre, kann so mehr und mehr Erfahrungen sammeln und erhält zunehmend Wissen – alles in allem eine Bereicherung.

Auf der Reise der Seele ist diese Welt eine Haltestelle, eine Raststätte. Sie ist ein Ort des Rückzugs, der Einkehr in sich selbst und des Leidens. Die Seele gehört nicht in diese Welt, daher ist sie es, die in Wahrheit leidet. Unser Ego ist es ganz sicher nicht... 

Welcher Mensch ist hier auf Erden vollkommen zufrieden? Immer gibt es etwas, was ihn unzufrieden stimmt: „Oh weh, oh weh mir“ und „Aua!“ sind seine Ausrufe. 

 

Er läuft die Straße entlang, stolpert und klagt „Aua, oh weh.“ Er überquert die Straße, ein Topf fällt auf seinen Kopf, er jammert „Oh weh.“ Er wird angerempelt - irgendetwas läuft immer schief. Passiert einmal nichts, sagt er ebenfalls „Oh weh“ - aus purer Langeweile, eben weil nichts passiert. 

 

Warum beschwerst du dich?
„Es ist mir so was von langweilig, Sheikh.“

Was möchtest du – dass ein Topf auf deinen Kopf fällt, damit dein Adrenalin steigt, du etwas erlebst, fühlst und spürst?

Derjenige, dem ein Topf auf den Kopf fällt, jammert „Oh weh, mein Kopf tut weh.“ Was aus dem Topf geworden ist interessiert ihn nicht. Dein Kopf hat nur weh getan, der Topf aber ist entzwei gebrochen, aus dem Topf kann man nichts mehr machen - hier ist nichts mehr zu retten.

Die Seele ist seit ihrer Erschaffung ständig auf Reisen - immer in Bewegung, immer in einem anderen Zustand. Hier auf Erden reist sie in einer physischen Hülle. Jeder Zustand, den wir erleiden und durchmachen, ist eine Erfahrung für uns und zugleich eine Bereicherung, eine Lehre für die Seele. Jeder Augenblick, jede Bewegung, selbst jeder physische Zustand ist im Grunde eine spirituelle Erfahrung für die Seele in ihrer körperlichen Hülle.

 

Was bedeutet das? Jeder Zustand, Situation und Handlung, jedes Wort, das dich erreicht, gibt dir Wissen und ist ein Schritt voran auf deinem Weg. Ein Fortschritt – doch nur, wenn du es verstehst. Fehlt dir das Verständnis für diese Fortbewegung, resignierst du.

Was ist die Voraussetzung für dieses Verständnis? Es ist die Annahme!

Nimm an, was dir widerfährt!


Nimm an, was du hörst, erlebst und erfährst!

„Das kann ich nicht annehmen, Sheikh.“
Nein? Dann kannst du dich nicht fortbewegen, du wirst nicht vorankommen. Nimmst du es aber so an, wie es kommt, wird dich nichts aufhalten können. 

 

Da kannst du noch so sehr trotzen und sagen „Nein, ich verlasse diese Welt nicht, ich bleibe hier, genau da, wo ich bin.“ Glaubst du, dass dies so möglich ist? Denn du bist in ständiger Bewegung - entweder mit deinem freien Willen oder unfreiwillig. Wenn du diese Welt freiwillig nicht verlassen willst, werden sie dich schon hinaustreten. 

 

Zu viert, zu sechst, zu acht tragen sie dich hinfort zum Ausgang. 

Wo ist der Ausgang dieser Welt? Unten, im Grab. Unter der Erde - ‘Exit‘ - der Ausgang dieser Welt.

Da die Seele ein Reisender ist, reisen wir entsprechend mit. Das wirft Fragen auf: „Wohin kommen wir, wohin gehen wir?“ Unser Herr gibt die Antwort:

 

„Von deinem Herrn kommst du, zu deinem Herrn kehrst du zurück.“

Wer behauptet nun, dass der Herr nicht zu ihm spricht? Der Mensch sagt: „Gott - der spricht nicht zu mir. Da ich ihn nicht höre, gibt es auch keinen Gott.“

 

Doch du hörst ja nicht einmal zu!
Halt mal inne und horch auf!
Versuch doch mal zuzuhören!

Wenn du das tun würdest, könntest du deinen Herrn auch hören!

 

Wie? Ich werde euch einen kurzen Weg zeigen; wir machen es einfach, nicht schwer. Wir geben euch einen Tipp, einen Q-Tip –das reinigt und öffnet die Ohren: Indem du Hans, Gabi, Fatma, Claudia, Ayşe, Monika, Achmed, Mehmed, Lisa und all den vielen anderen nicht weiter zuhörst!

 

Hör auf, den anderen zuzuhören!
Hör auf gar keinen Fall Heavy-Metal-Musik; das macht dich völlig taub!
Lass alle anderen Geräusche weg
und vermeide Lärm...

 

... so wirst du deinen Herrnganz sicher hören - der dir ins Ohr flüstert und vielleicht aus deinem Herzen heraus zu dir spricht.

Vielleicht kannst du Seine Stimme dennoch nicht wahrnehmen, nicht hören, weil du noch nicht in der Lage, in dem Zustand bist: Dann suche nach einem Menschen, der den Herrn hören kann.

 

„Hans, kannst du deinen Herrn hören?“
„Nein.“ 

 

Jetzt lass nicht nach, geh weiter auf die Suche nach Jemandem, der Ihn hört und dir davon erzählen kann. 

So kannst du dir einen sehr langen Weg ersparen, die Weite in die Nähe bringen und das Schwierige für dich, das Schwere, dir durch einen anderen erleichtern. 

 

Ohne Zweifel gibt es keine Frage, die der Herr dir unbeantwortet lässt.

„Oh Herr, ich bin ein Reisender, woher komme ich?“
„Du kommst von mir.“
„Doch Herr, wohin gehe ich?“
„Zu mir kehrst du zurück.“

 

Wir kommen von unserem Schöpfer und wir kehren zu Ihm zurück. Aber wie?

Es ist schwer, allein zu reisen, Gefährten erleichtern den Weg - immer.

Unterbricht man die Reise in ihrer permanenten Bewegung bleibt man stehen, der Zustand des Reisens ist somit nicht mehr gegeben. Ein Reisender ist somit in stetiger Bewegung ist -ohne Halt und ohne Stopp.

Wer bist du? Ein Reisender! So erschaffen wirst du immer ein Reisender bleiben!

Gibt es ein Stopp?


No stop – nonstop auf dieser Reise!

Auf dieser Reise, unser aller Weg, der Grund, weshalb wir hier in der Existenz sind, gibt es vier Etappen. Die Seelen müssen sie durchwandern, durchleben, bis sie ihr Ziel erreichen. Die erste Etappe ist sozusagen die Bedingung für weiteres Voranschreiten:

Von wem kommen wir? - Wir kommen von unserem Herrn.
Mit wem beschreiten wir diesen Weg? - Mit unserem Herrn.
Zu wem, wohin gehen wir zurück? - Zurück zu unserem Herrn
um dann bei Ihm unsere Reise fortzuführen.

 

Wir sagten bereits, dass die Reise der Seele in der Vorewigkeit, am Tag ihres Gelübdes, begann. Jetzt hier, in diesem Moment öffnen sie mir, dass die Seele bereits in der uns bisher verborgenen Zeit vor der Vorewigkeit auf der Reise war – in ihrem Herrn! Denn der Herr selbst ist in stetiger Bewegung, befindet sich permanent auf der Reise. 

 

Am Tag des Gelübdes, als die Seelen ihrem Herrn antworteten: „Ja, du bist unser Herr“, begann die Reise 

von ihrem Herrn,
mit ihrem Herrn,
zu ihrem Herrn,
mit dem Ziel, wieder in ihrem Herrn zu reisen.

Habt ihr das begriffen? Dann kann ich wieder gehen.


Das wirft Fragen auf:
Wenn die Seele bereits in der Vor-Vorewigkeit mit ihrem Herrn, in ihrem Herrn, auf Reisen war, somit schon vor dem Tag des Gelübdes, warum tritt sie diese Reise denn eigentlich an? Und warum stellt der Herr den Seelen die Fragen:

„Bin ich nicht dein Herr?“
„Von wem kommst du?“
„Wohin gehst du?“
„Mit wem sollst du gehen?“

Die Seele soll nun darüber auch ein Bewusstsein entwickeln, so dass sie überhaupt erst einmal wahrnimmt, ein Reisender zu sein – zusammen mit ihrem Herrn.

 

„Erkenne dich selbst, erkenne deinen Herrn!“

Es geht um die Erkenntnis, um das Lernen und Verstehen, wie groß, wie unendlich der Schöpfer ist.

Das ist nur auf einer Reise möglich, die einen Schritt für Schritt lehrt, den Erfahrungsschatz vergrößert, man dadurch mehr und mehr Verständnis bekommt – und schließlich ein höheres Bewusstsein erlangt.

So soll dir bewusst werden,
auf was für einer Reise du bist.
warum du auf dieser Reise bist,
wer dein Weggefährte ist.

 

Der Herr spricht: „Ich bin euch so nah, wenn ihr nur wüsstet, wenn ihr nur verstehen könntet.“ Ich bin euch näher als eure Halsschlagader.“

Was bedeutet das, was will Er uns damit sagen? Er ist unser wahrhaftiger Lebensgefährte, in ein- und demselben Leben mit uns zusammen - in jedem Zustand, in jeder Lage, bei jedem Schritt.

 

Doch du hast keine Ahnung! So suchst du nach Weggefährten, nach Lebensgefährten. Damit du davon Kenntnis bekommst und lernst, wie du den Weg zu gehen hast, schickt der Herr Menschen, die Ihn kennen und von Ihm sprechen.

 

Die Seele ist auf Reisen, diese Reise endet nie. Es gibt kein Ankommen. Wie ist das zu verstehen?

Ist man wieder zu seinem Herrn zurückgekehrt, beginnt nun erst die wahre Reise – die, die schön ist und Freude mit sich bringt. Warum? Weil du bis dahin in einer Art Schlafwagen gereist bist, mit verschlossenen Vorhängen, Schlafmaske und Ohrstöpseln. Weg damit!

Öffne die Augen!
Öffne die Ohren!
Reise bewusst
Versuche einen Blick zu erhaschen!


Kommst du bei deinem Herrn an, existieren keine Vorhänge mehr, alles ist offen; du hast freien Blick nach oben, nach rechts und nach links.

Solltest du einem Blinden anbieten: „Ich tu dir etwas Gutes und schick dich auf Reisen, zu den Seychellen oder zu den Malediven...“ Würde er sich wirklich freuen? Er würde äußern: „Was soll mir das geben, ich kann eh‘ nichts sehen. Für mich macht das keinen Unterschied, ob ich hier oder auf den Malediven bin.“

 

Der Herr fragt dich: „Du willst wirklich wissen, wieso ich dich auf diese Reise geschickt habe? Damit du lernst zu sehen, zu hören, zu spüren, zu riechen, zu schmecken. Damit du all diese schönen Dinge erleben kannst und nicht nur einfach blind mittrottest.“

„Aber Sheikh, diese Reise ist so anstrengend, man leidet unter dieser Reise.“ Ja sicher, wie wir bereits ausführten: Diese Welt ist eine Raststätte, nicht sehr komfortabel gleicht sie eher eine Höhle, ohne Dusche, Fernseher und Bett, unbequem und kalt... man leidet.

Seyyidina Mohammed, der Prophet (Friede auf ihn), sagte: „Diese Welt ist eine Folterkammer oder die Höhle des Gläubigen.“

Warum sprach der Prophet (Friede auf ihn) auf diese Weise? Wir stammen nicht von dieser Welt, wir kommen aus dem Paradies. Landest du hier im Weltlichen ohne Wissen über deine Herkunft, dann suchst du in dieser Welt nach dem falschen Paradies.

Das Ende der Suche wird daher immer eine Enttäuschung sein. Hier gibt es kein Paradies!

Diese Welt ist die Höhle der Seele. Sie ist eine Art Rückzugsort - vielleicht ihr wahrer Rückzugsort. Sie zieht sich in die Höhle zurück und muss kämpfen – und leiden

 

Was ist ein Rückzug? Ein spiritueller Rückzug bedeutet, sich direkt mit dem Nichts zu konfrontieren. Man hat ‚Nichts‘ um sich! Du versuchst damit auszukommen, was dein wahrhaftiges Bedürfnis darstellt, nur mit dem Nötigsten zu leben, auch mit einem Mindestmaß an Wasser und Brot.

 

Wahrer Rückzug bedeutet, unter den vielen Menschen auf der Welt nur den Einen zu finden. Trotz all den Möglichkeiten, die diese Welt scheinbar zur Verfügung stellt, zu sagen: „Ich brauche und möchte nur eins: All die anderen nicht mehr sehen, sondern nur den Einen unter den Vielen zu sehen, zu finden.“

 

Dann hast du es geschafft! Dann hast du den Einen gefunden, deinen Weggefährten; nun kannst du losziehen.

Zu wem? Zu deinem Schöpfer, mit deinem Schöpfer und schließlich in deinem Schöpfer. Voranschreiten, immer weiter, endlose Meere durchqueren und mehr und mehr erfahren – auf dieser endlosen Reise.

 

Zweifelsohne ist jeder einzelne Mensch in Wahrheit ein Naqshibandi.
„Oh Sheikh, sag doch so etwas nicht.“
Doch! Schon passiert - schon gesagt.

„Aber Sheikh, wie kannst du so etwas sagen? Es gibt in dieser Welt so viele Menschen, ein Teil davon weiß, dass sie Menschen sind und verhalten sich auch entsprechend. Ein anderer Teil dagegen verhält sich wie Affen, weil sie glauben, sie würden vom Affen abstammen.“

Du bist ein Mensch!


„Nein Sheikh, ich bin ein Affe.“
Nun, wenn er meint, was will man da machen...

Obwohl sich ein Teil der Menschen für Affen hält, ist jede Seele, die in die Schöpfung tritt, ein Naqshibandi. Denn jede Seele, die in diese Welt hineingeboren wird, trifft auf eine Ansammlung von Menschen, auf ein Volk und ist geradewegs in einem Rückzug - auf der Suche nach dem Einen, trotz der vielen anderen...

 

Das kannst du noch so oft dementieren „Ich habe mit dieser Suche nichts zu tun.“

Ob bewusst oder unbewusst: Du bist auf dieser Suche, also bist du auch ein Naqshibandi. Denn genau das bezeichnet den spirituellen Rückzug der Naqshibandi: Umgeben von Menschen, innerhalb der gegebenen Möglichkeiten nur nach dem Einen zu suchen.

Der erste Mensch, der Prophet Adam (Friede auf ihn) und seine Gemahlin Eva mussten das Paradies verlassen, das ist bekannt. Der Prophet betrat als erster Mensch diese Welt, gefolgt von seiner Gemahlin (Friede sei mit ihnen). Kaum auf der Erde angekommen, wurden sie sogleich für dreihundert Jahre voneinander getrennt - Seyyidina Adam auf dem einen Teil der Erde, seine Gemahlin Eva in einem anderen Teil. Jahrhundertelang haben sie sich gesucht, jeder für sich im Rückzug befindend.

 

Es war dunkel auf der Erde, als sie ankamen - im Rückzug muss es ein bisschen dunkel sein. Nichts, aber auch gar nichts von dem, was das Paradies so alles zu bieten hatte, war hier vorhanden. Für die beiden war diese Welt ein mangelhafter Ort.

Sie mussten sich Gedanken über ihren Herrn machen, woher sie kommen, wohin sie hier gekommen sind und aus welchem Grund. Sie taten Buße und lobpreisten den Herrn.

 

Das Zikir, das Gedenken des Herrn, ist ein wesentlicher Bestandteil des Rückzugs. Drei Jahrhunderte haben der Prophet Adam und seine Gemahlin Eva (Friede auf ihnen) ihrem Herrn gedacht. Ihn im Zikir um Verzeihung gebeten, haben bereut, Ihn mit all seinen schönen Namen genannt und fortwährend lobpreist.

 

Oh, ihr Menschen, ihr alle seid im Rückzug - unbewusst!

Jeder Mensch ist, sobald er in diese Welt hineingeboren wird, in einem spirituellen Rückzug; zunächst erst einmal unbewusst. All das, was ihm widerfährt, jeder Zustand, jedes Leid, ist eigentlich nur ein Teil seines Rückzuges in dieser Welt. Doch wann erhält er ein Bewusstsein darüber?

 

Erst dann, wenn dich eine dafür autorisierte Person, die vom Herrn spricht, aufklärt: „Du bist in einem Rückzug!“ Eine Autorität, die dem Menschen seinen Zustand vor Augen führt, ihm einen Spiegel vorsetzt und sagt: „Schau, das ist in Wahrheit dein Zustand.“ Erst dann entwickelt der Mensch ein Bewusstsein.

 

So, das reicht für heute. Noch weitere Öffnung von oben und wir würden explodieren.

So bitten wir den Herrn, mehr zu verstehen, ein höheres Bewusstsein zu erlangen, um unsere Reise immer bewusster durchschreiten zu können.

 

Fatiha.