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Wahre Größe und die beiden Derwische

Möge der Herr uns erlauben, mit den Großen zusammen zu sein. Groß zu sein ist nicht einfach. Nicht jeder vermag wahre Größe zu erlangen. Selbst ein Kind wird erst durch sehr viel Mühe groß. Denkst du, es wäre einfach, in der Göttlichen Gegenwart zu den Großen zu zählen? Es bedarf des Geschicks und des Talents, und vor allen Dingen bedarf es der Bemühung ... großer Bemühung.

 

Der Herr hat jedem Menschen die Eigenschaft des Sich-Bemühens gegeben, aber nicht jeder vermag diese Eigenschaft entsprechend einzusetzen. Würden die Menschen von dieser Eigenschaft richtig Gebrauch machen, dann wäre die Welt nicht in der Situation, in der sie heute ist.

 

Daher sagen wir: „O Herr! Unser Bemühen ist nicht genug, wir schaffen es nicht, wahre Größe zu erlangen. Daher erlaube uns, zumindest mit denjenigen, denen Du Größe verliehen hast, zusammen zu sein.“ Denn diejenigen, denen der Herr Größe verliehen hat, besitzen solch eine starke spirituelle Kraft, die im Stande ist, die Menschen geradewegs in die göttliche Gegenwart zu befördern.

 

Es ist nicht einfach, einer von den Großen zu sein. Denn wahre Größe bedeutet, sein Herz und seine Zunge nicht mit unnützem Zeug zu beschäftigen. Niemand kann jemanden leiden, dessen Zunge wie eine Schlange jeden beißt, der ihm in die Quere kommt. Vor allem der Herr mag niemanden, der schlecht über andere redet. Und wen der Herr nicht mag, der kann nicht zu den Großen gehören.

 

Zuallererst muss der Mensch lernen, seinen Mund zu halten und nicht alles zu sagen, was ihm gerade durch den Kopf geht. Denn wer keine Liebe und keinen Respekt vor dem Menschen hat, hat in der göttlichen Gegenwart keinen Platz.

 

Als eines Tages der gesegnete Prophet Mohammed, Friede sei mit ihm, zusammen mit seinen Gefährten saß, erschienen zwei Männer. Beide hielten sich ihren Magen und sie baten den Propheten: „O Gesandter Gottes! Wir beide haben plötzlich schreckliche Bauchschmerzen bekommen. Wir können es nicht mehr ertragen, bitte errette uns von diesen Schmerzen."

 

Daraufhin erwiderte der Prophet, Friede sei mit ihm: „Wenn ihr so große Bauchschmerzen habt, dann müsst ihr etwas gegessen haben, das euer Magen nicht vertragen hat. Ihr müsst wohl rohes Fleisch gegessen haben. Der Magen verträgt aber kein rohes Fleisch“

 

Die beiden Männer antworteten: „O Mohammed, seit Wochen haben wir beide kein Fleisch zu Gesicht bekommen. Wie kann es sein, dass wir rohes Fleisch gegessen hätten?“ „Nein!“,entgegnete der Prophet, Friede sei mit ihm, „Ich sage euch, ihr beide habt rohes Fleisch gegessen.“ Als die beiden Männer dem Propheten widersprachen und darauf bestanden, sie hätten kein rohes Fleisch gegessen, forderte der Gesandte Gottes die Männer auf, ihre Hand in den Mund zu stecken und sich zu übergeben.

 

Die beiden Männer taten, was der Prophet befohlen hatte und erbrachen sich. Dabei kamen Stück für Stück stinkende Fleischstücke heraus. Die beiden Männer konnten ihren Augen nicht trauen, denn sie hatten ja seit Wochen kein Fleisch mehr gegessen. Kaum hatten die beiden aber ihren Magen entleert, da waren auch ihre Bauchschmerzen verschwunden.

 

„Wir schwören dir, o Gesandter Gottes, seit Wochen haben wir kein Fleisch in den Mund genommen. Wie kann so etwas geschehen?“, fragten die beiden Männer verwundert. Daraufhin erklärte der Prophet, Aleyhisselam: „Als ihr an einem Haus vorbei gelaufen seid, da habt ihr über den Menschen, der in diesem Haus lebt, schlecht geredet. Habt ihr denn nicht von der Göttlichen Ermahnung gehört, dass man nicht schlecht über andere reden darf? Wenn man hinter dem Rücken von jemandem schlecht redet, ist das so, als ob man das rohe Fleisch von demjenigen isst, über den man schlecht redet. Es ist eine Art des Kannibalismus. Bittet den Herrn und denjenigen, über den ihr schlecht geredet habt, um Vergebung.“

 

Dieser Vorfall war ein Wunder des Propheten. Er wollte damit den Menschen zeigen, wie hässlich es ist, üble Nachrede zu betreiben. Die Propheten sind diejenigen, die wahre Größe besitzen. Sie sind im Stande Wunder zu vollbringen, um die Wahrheit der Worte Gottes zu beweisen. Diese außergewöhnliche Kraft besitzen sie.

 

Denn die Kleinen erwarten von den Großen stets unmögliche und außergewöhnliche Dinge, bevor sie glauben und akzeptieren.

 

Was jedoch für die Kleinen im Rahmen des Unmöglichen ist, ist für die Großen im Rahmen des Möglichen. Für sie gilt: ”nichts ist unmöglich!”. Das Unmögliche möglich zu machen bzw. Wunder zu vollbringen ist für die Großen, so wie es die Propheten waren, Kleinigkeiten. In den Augen der Kleinen jedoch sind die außergewöhnlichen und mit dem Verstand nicht erklärbaren Fähigkeiten der Großen Wunder. Vom ersten Propheten Adam bis zum letzten Propheten Mohammed, der Friede sei mit ihnen allen, besaßen alle Propheten und Gesandten Gottes wahre Größe, und sie alle haben Wunder vollbracht. Denn die Menschen, zu denen die Propheten geschickt wurden, haben das von Ihnen erwartet. Die Kleinen erwarten nun einmal von den Großen stets Dinge, zu denen sie selbst nicht in der Lage sind. Wunder bedeutet, dass etwas einzig und allein dadurch in Erscheinung tritt, weil es gewünscht wird. Solch eine außergewöhnliche Macht besitzt nur der Herr allein. Diese Macht beschreibt die Herrschaft des Schöpfers über die Geschöpfe.

 

Die Wunder der Propheten zeigen uns, dass die Propheten zwar so wie wir Menschen sind, aber zugleich eine Größe besitzen, die der Herr nur ihnen verliehen hat.

 

Der Herr hat den Propheten außergewöhnliche Kräfte anvertraut, und wenn nötig, haben sie diese Kräfte im Namen Gottes und mit der Göttlichen Erlaubnis eingesetzt. Mit dieser außergewöhnlichen Kraft hat Abraham das Feuer in einen Rosengarten verwandelt. Moses hat das Rote Meer geteilt. Jesus hat die Toten auferweckt. Und zum Schluss hat der Prophet Mohammed, der Friede sei mit ihnen allen, den Mond in zwei Teile gespalten. Die Propheten besitzen solch eine außergewöhnliche Kraft. Ihnen wurde eine Größe verliehen, die wir nicht besitzen.

 

Einst sagte der Prophet Mohammed, der Friede sei mit ihm: „Der Glaube derjenigen, die mich und meine Wunder gesehen haben, ist ein großes Geschenk des Herrn an sie. Denn wer sowohl mich als auch meine Wunder gesehen hat, akzeptiert den Glauben leicht. Viel glücklicher aber können sich diejenigen schätzen, die unter den schwierigen Umständen der Endzeit zum Glauben gefunden haben.

 

Sie wurden nämlich zu Gläubigen, ohne mich und meine Wunder gesehen zu haben, sondern nur durch das, was sie gelesen oder gehört haben,“ sagte der Prophet und wiederholte daraufhin sieben Mal, „Welches Glück für sie, welches Glück für sie!“

 

Warum erzählen wir all das? Weil wir uns in der Endzeit befinden, von der der Prophet, Friede sei mit ihm, gesprochen hat, und in der heutigen Zeit hat der Atheismus die Oberhand. Menschen, die ein gläubiges Leben führen wollen, werden ausgeschlossen, und die Welt ist für sie wie ein Gefängnis. In der heutigen Zeit den Glauben zu bewahren ist so, als ob man Feuer in der Hand halten oder auf der Brust tragen würde.

 

Heutzutage ist es nicht einfach, ein gläubiger Mensch zu sein. Man muss sich wie Abraham dem Feuer aussetzen und es in einen Rosengarten verwandeln. Und das deutlichste Anzeichen der heutigen atheistischen Welt ist die Respektlosigkeit. Diese Respektlosigkeit spiegelt sich darin wieder, dass die Menschen alles sagen, was sie denken. Es ist die Religion der heutigen Zeit, dass man ohne Rücksicht alles überall sagt.

 

In der heutigen Zeit ist jeder zu einem Paparazzo geworden. Es gibt niemanden, der nicht damit beschäftigt ist, seine Nase in Angelegenheiten zu stecken, die niemanden etwas angehen, und hinter dem Rücken von anderen schlecht zu reden. Im Fernsehen heißt es jeden Tag in der Reklame: „Die neue Redefreiheit ist gekommen! Rede, so viel du willst! Öffne dich, und wenn du nichts mehr über dich zu erzählen hast, dann rede hinter dem Rücken anderer, vor allem hinter dem Rücken deiner Nächsten!“

 

Seitdem die Handys aufgekommen sind, ist jeder ununterbrochen am Reden. Von morgens bis abends wird geredet. Da passiert es schnell, dass die Themen ausgehen, und man anfängt, hinter dem Rücken anderer schlecht zu reden. Kann es in solch einer Welt Segen, Frieden, Schönheit oder Glück geben? Unmöglich!

 

O, ihr Menschen! Wer hinter dem Rücken anderer schlecht redet, schadet sowohl sich selbst als auch anderen und zerbricht Herzen.

 

Wisse: Zwischen den Menschen gibt eine feine Verbindung von Herz zu Herz.

 

Diese Verbindung lässt dich bewusst oder unbewusst die positive bzw. die negative Energie spüren, die von einem Menschen ausgeht. Üble Nachrede ist ein negativer Strom, der sowohl denjenigen, der hinter dem Rücken von jemandem schlecht redet, als auch denjenigen, über den schlecht geredet wird, negativ beeinflusst.

 

Die Menschen haben eine verborgene, geheimnisvolle Verbindung miteinander, auch wenn sie sich nicht einmal im Leben kennen gelernt haben. In den Menschen gibt es Sensoren, die unbewusst miteinander verknüpft sind. Wenn der Name einer Person erwähnt wird, schaltet sich dieser Sensor ein. Besonders stark, wenn der Mensch, über den man redet, ein Bekannter ist.

 

Wenn über eine Person schlecht geredet wird, dann empfängt der Sensor im Menschen negative Signale, und es herrscht ein negativer Stromfluss zwischen der Person, die über jemanden schlecht spricht, und der Person, über die schlecht gesprochen wird.

 

Niemand hat das Recht schlecht über einen Menschen zu reden. Denn der Mensch wurde aus der Göttlichen Liebe erschaffen und ist das ehrenvollste Geschöpf.

 

Anstatt schlecht über Menschen zu reden, sollte man auf die guten Seiten eines Menschen schauen und Gutes über den Menschen erzählen. Gutes zu erzählen, versöhnt Menschen und bringt sie einander näher.

 

Üble Nachrede dagegen macht nicht nur die Beziehungen zwischen Menschen kaputt, sondern zerstört auch die Beziehung mit Gott. Denn wer hinter dem Rücken anderer schlecht redet, dessen Mund stinkt nach Abwasserkanälen und in der göttlichen Gegenwart ist kein Gestank gestattet.

 

Leider wird in der heutigen Zeit, egal wo man hinschaut, die üble Nachrede als ein Vergnügen dargestellt. Das ist einer der Gründe, warum sich schwarze Wolken über der Erde auftun.

 

Folge nicht dem Satan, o Mensch! Denn er betrügt dich stets und macht dir deine Freunde zu Feinden, obwohl er selbst dein eigentlicher Feind ist. Pass auf, lass dich nicht reinlegen!

 

Wisse: du hast nicht das Recht über andere zu richten oder sie zu beurteilen. Nur der Schöpfer allein ist der Gutachter, der beurteilen kann, ob jemand gut oder schlecht ist. „Ich bin der Richter, der am Jüngsten Tag über die Menschen richten wird,“ verkündet der Herr.

 

Wer über andere urteilt, der erklärt sich, bewusst oder unbewusst, zu Gott. Nur derjenige, der die Schöpfung erschaffen hat, hat das Recht über die Geschöpfe zu urteilen.

 

Eine Geschichte: Einst gab es zwei gelehrte Derwische, die von Dorf zu Dorf zogen, um die Menschen zu belehren. Als diese beiden Priester eines Tages wieder auf Wanderschaft waren, kamen sie an einem Dorf vorbei, wo sie von einem gastfreundlichen und zugleich aufgeweckten Dorfbewohner zum Abendessen eingeladen wurden.

 

Der eigentliche Grund, warum der aufgeweckte Dorfbewohner die beiden gelehrten Derwische zu sich eingeladen hatte, war, herauszufinden, ob die beiden Derwische wirklich so gelehrt und fromm waren, wie sie vorgaben.

 

„Bevor wir essen, lasst uns doch vorher das Abendgebet verrichten,“ schlug der Gastgeber den Derwischen vor. Die beiden Derwische waren damit einverstanden, aber sie wollten vor dem Gebet noch kurz ihre Notdurft verrichten.

 

„Ehrenwerte Derwische,“ sagte der Gastgeber, „leider haben wir nur eine Toilette und diese befindet sich draußen. Ihr müsst also nacheinander auf die Toilette gehen.“ Als der eine Derwische nach draußen auf die Toilette gegangen war, fragte der aufgeweckte Dorfbewohner sofort den anderen Derwisch: „Sag mal, was für ein Derwisch ist eigentlich dein Freund? Ist er sehr gebildet?“

 

Daraufhin erwiderte der Derwisch mit höhnischer Stimme: „Ach was, der hat von nichts eine Ahnung. Der ist ein blöder Esel und zugleich ein Betrüger.“

 

In der Zwischenzeit kam der Derwisch, der auf die Toilette gegangen war, herein, und der andere Derwisch ging nun nach draußen.

 

Der Dorfbewohner stellte auch diesem Derwisch die gleiche Frage, die er zuvor dem anderen gestellt hatte. Auch dieser Derwisch erwiderte auf verachtende Weise: „Der ist ein Rindvieh, dem es an Wissen und Anstand fehlt.“

 

Wie dem auch sei, als daraufhin das Abendgebet verrichtet wurde, setze man sich zu Tisch und auf dem Tisch befanden sich drei Teller, die zugedeckt waren. Zwei der Teller stellte der Gastgeber jeweils vor die Derwische und einen der Teller nahm er selbst. Dann sagte der Gastgeber: “Guten Appetit“, und jeder deckte seinen Teller auf. Als die beiden Derwische auf ihr Essen blickten, konnten sie ihren Augen nicht glauben.

 

Vor einem der Derwische befand sich auf dem Teller Gerste und vor dem anderen Stroh. Der Gastgeber dagegen hatte einen köstlichen Braten auf seinem Teller. Die beiden Derwische waren verwundert, und sie liefen beide rot an.

 

Bevor einer der Derwische etwas sagen konnte, fing der Gastgeber an zu sprechen. Zunächst wandte er sich an den Derwisch, auf dessen Teller sich Gerste befand, und sagte: „Dein Freund hat gesagt, du seiest ein Esel. Daher habe ich dir Gerste aufgetischt.“ Daraufhin wandte sich der Dorfbewohner zu demjenigen Derwisch, auf dessen Teller sich Stroh befand, und sagte: „Dein Freund hat über dich gesagt, du seiest ein Rindvieh, und daher habe ich dir Stroh auf deinen Teller gelegt. Ich hoffe, ich konnte jedem das geben, was er mag. Ich selbst esse gerne Kebap. Nun lasst es uns schmecken.“

 

Tja ... so wie in der Geschichte gibt es viele Leute, die behaupten, groß zu sein, aber wahre Größe erlangt man dadurch, dass man seine Zunge und sein Herz kontrolliert.