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Es gibt nur eine Wahrheit

Über die Unteilbarkeit der Wahrheit
Sheikh Eşref Efendi | Berlin, 2006 | 100 Jahre Kriya-Yoga-Celebration  30.09.2006

 

"Frage mal, ob es zu dieser Stunde noch welche gibt, die zuhören möchten? Wenn es Ohren die horchen wollen gibt, so wollen wir reden. Wenn aber nicht alle da sein sollten oder müde sind, so komme ich auch gerne das nächste Mal."

"Sheikh, ich glaube, die nächste Veranstaltung wäre erst 100 Jahre später, weil diese die 100. Jahrfeier zum Gedenken ist."

"Ach ja? Nun, so lange können wir uns dann auch nicht gedulden. Also reden wir, damit wir die Menschen nicht verpassen, die hier anwesend sind. Mal sehen, wie viele zuhören werden." Esselamu aleykum, der Segen des Herrn sei über euch.

 

Das Wort gebührt und gehört einzig und allein dem Herrn. Sein ist die alleinige Herrschaft im Himmel wie auf Erden. Deshalb mögen wir in Seinem Namen, des Barmherzigen und Gnädigen, dessen Großartigkeit und Allmacht kein Ende kennen, beginnen. Seien unsere Worte von Ihm und nicht von unserem niederen Ego. Denn das ist nichts als Müll. Und stellte Müll einen Wert dar, läge er nicht auf der Müllhalde herum. Grüß Gott, Guten Abend! Der Himmlische Segen sei auf jenen Menschen, die nach der Wahrheit suchen und an den Wahren glauben. Ohne Zweifel: dort wo die Wahrheit (er)scheint, muss das Falsche verschwinden.

 

Warum sind wir heute hier? Warum haben wir uns versammelt? Vielleicht ist es, um uns an einen Jäger der Wahrheit an seinem einhundertsten Jahrestag zu erinnern und seiner Seele zu gedenken, die zu Ihrem Herrn und zur Wahrheit zurückkehrte. Vielleicht sind wir auch anwesend, um durch diesen Grund über jene Wahrheiten, die diese Person erreichte oder zu erreichen versuchte, zu hören und zu sinnieren. Soviel wir hörten, war Paramahamsa Hariharananda ein Jäger der Wahrheit, der sein Leben ihrer Suche widmete.

 

Persönlich haben wir ihn nicht kennen lernen können, jedoch wissen wir, dass es die Kraft und Anziehung der einen und einzigen Wahrheit ist, durch die auch seiner Seele das Sein geschenkt wurde, die uns heute hierher gezogen und versammelt hat. Möge der Herr seiner Seele gnädig sein und ihm seine verdiente Stufe zuteilen.

 

Zweifelsohne ist diese Zusammenkunft heute hier geheiligt, und gäbe es den Göttlichen Willen dafür nicht, so hätten wir uns nicht versammeln können. Daher danken wir unserem Herrn, dass Er uns hier zusammenkommen ließ und Ehre zuteil werden lässt.

Jäger der Wahrheit, was ist das? Die Wahrheit ist eine! Ihrer zwei können miteinander nicht bleiben und sein. Deshalb gleicht sie einer Perle, derer es keine zweite Entsprechung und Gleichung gibt. Sie ist höchst einzigartig in ihrem unvergleichlichen Wesen und ihrem unschätzbaren Wert. Wer hinter dieser Perle her ist, muss schwimmen können. Denn eine Perle verbirgt sich in den Tiefen.

 

Jäger der Wahrheit zu sein bedeutet Schatzsucher, Perlentaucher zu sein. Wer eine Perle erlangen will, muss die Muschelschale durchbrechen. Die Schale ist Materie, und die Wahrheit ist jenseits von ihr! So kann also niemand, der nicht seine Schale durchbricht, die Wahrheit erlangen und erfassen, so wie niemand den Himmel erreichen kann ohne seine gewohnte irdische Atmosphäre zu verlassen.

 

Ja, es gibt nur eine einzige Wahrheit. Jedoch führen viele Wege zu ihr führen hin. Manche sind schief und krumm, andere kerzengerade wie eine Autobahn und führen am schnellsten und kürzesten ans Ziel - zur Wahrheit. Wähle den Weg, den Du gehst! Es gibt viele spirituelle Wege, die den Anspruch erheben, seine Reisenden zur Wahrheit zu führen. Es ist bedeutungslos darüber zu streiten, welcher von ihnen nun der richtige, welcher der falsche ist.

 

Einzig und allein die Frage, welcher dieser Wege der kürzeste ist, der uns am schnellsten spirituell zu der Wahrheit bringt, ist von Bedeutung. Das ist der Punkt, über den die Menschen sich Gedanken machen und auf den sie ihre Kraft und Anstrengung richten sollten, wollen sie die Wahrheit finden.

 

Wo ist der schnellste und kürzeste Weg zur Wahrheit? Diese Frage muss gestellt werden, denn das Menschenleben wurde in eine Zeitspanne eingefasst, die ihm unbekannt und verborgen ist. So hat der Mensch eigentlich keine Zeit hier auf Erden zu vergeuden. Deshalb ist es für jeden klugen Menschen wichtig, den schnellsten Weg und die Formel zur Wahrheit zu finden. Eine andere Chance hat er nicht.

Aber die Menschen lassen heute die wesentlichen Dinge beiseite und beschäftigen sich mit dem Richtig und Falsch anderer, und damit mit dem Weg der anderen. Sie machen einander Vorwürfe, auf der falschen Bahn zu sein. Zu behaupten: „Mein Weg ist der einzig wahre, deiner der falsche,“ bringt die Menschen jedoch niemals zusammen, sondern schafft Spaltung statt Einheit, die zu Streit und gar Kriegen führt. Krieg jedoch ist niemals der Wunsch oder Befehl des Schöpfers an die Menschheit.

 

Warum nicht? Denn in der Religion gibt es keinen Zwang! Das ist ein Göttlicher Befehl. Im Letzten Testament, dem Heiligen Koran, spricht der Herr:

„Oh, ihr Menschen! Ihr seid frei darin, zu glauben, woran ihr glauben wollt. Am Ende werdet ihr den Tod schmecken, und ihr werdet zu eurem Ursprung, eurer Wahrheit, zurückgeführt werden.“

 

Nein, in allen Himmlischen Büchern wurde der Feind des Menschen bekannt gegeben. Es ist für alle nur der eine. Shaytan! Schon seit Anbeginn der Menschheit hasst er Adam und seine Kinder, er ist ihr Erzfeind Nummer eins. Der Streit der Menschen miteinander rührt durch den Samen des Hader und Zwietracht, den er in die Menschen sät, denn sein Wunsch ist es, dass die Menschheit sich gegenseitig auslöscht und vernichtet. O Mensch, folge nicht Shaytan!

 

Warum? Denn in allen Heiligen Schriften spricht der Herr über die Einheit und Gemeinschaft der Menschen und empfiehlt, in Freundschaft und Brüderlichkeit miteinander zu leben. In keinem Seiner Bücher wirst du das Gegenteil finden. Warum aber gibt es dann den Streit der Religionen miteinander auf der Welt? Warum beschuldigt ein Reisender des einen Weges den des anderen dann damit, falsch und betrügerisch zu sein?

 

Weil sie all nicht mehr danach fragen, welcher Weg der schnellste zur Wahrheit ist, sondern damit beschäftigt sind zu streiten, welcher Weg der richtigste und welcher der falscheste ist. Das Falsche liegt aber genau darin.. Denn in Wahrheit ist jeder Mensch, auf der Suche nach der Wahrheit. Wisse, dass es in dieser Welt niemanden gibt, der nicht nach der Wahrheit sucht, bewusst oder unbewusst, weil es keinen einzigen Menschen in dieser Welt gibt, der keine Spiritualität besitzt. Und ohne Spiritualität hätte niemand eine Wahrheit.

 

Wenn du also in dieser Welt bist, hast du auch eine Spiritualität. Denn jedermann gelangt in diese Welt des Zeugnisses nur durch die spirituelle Welt. Eine andere Pforte, ein anderer Weg existiert nicht. So ist das erste Sein des Menschen ein spirituelles und es ist auch dasjenige, das ihn dazu antreibt, nach der Wahrheit zu suchen. So gibt es nicht nur niemanden, der keine Spiritualität besitzt, sondern auch niemanden in dieser Welt, der keinen Glauben hätte. Das kann es auch niemals geben, denn Glaube heißt Weg. Hast du je einen Weg ohne Reisende und Reisende ohne einen Weg gesehen? Das kann nicht sein.

 

Wenn du also in dieser Welt und in Bewegung bist, so bist du auch ein Reisender eines Weges, den du eingeschlagen hast. Denn das Leben ist ein Weg und in diesem Leben ist jeder ein Reisender auf dem Weg. So schlägt jeder seinen Weg ein, gemäß seinem Verständnis und seiner Auffassungsgabe, und schreitet entsprechend diesen beiden Eigenschaften voran.

 

Jedoch sollten wir achtsam sein, auf welchen Weg wir schreiten und wohin dieser uns führen wird. Nicht dass wir fälschlicherweise auf dem Weg in einer Sackgasse gelandet sind. Denn es gibt Wege, auf denen es einen Reisefluss gibt, und die ihre Reisenden mit zuverlässiger Genauigkeit zum Ziel führen, aber auch solche, die nirgendwo hinführen, so dass man am Ende entweder in der Sackgasse steckt oder immer im Kreis herum geführt wird wie das Vieh um den Mühlstein. Wir müssen achtsam sein!

 

Und besonders heutzutage hat sich jedermann hinter einer eigenen, ihm selbst und seinen Talenten und Fähigkeiten entsprechenden, Wahrheit her gemacht und schreitet dahin. Jene, die die Wege des Herrn, also die Religion nicht akzeptieren wollen, machen sich auf, um eigene Wege zu finden. Und genau genommen folgen und leben sie nach ihrer eigenen Religion. Aber ungläubig ist niemand in dieser Welt. Sogar ein Atheist ist, für sich selbst genommen, ein Gläubiger. Er glaubt lediglich nicht an die Religion, die der Herr offenbarte und an den Weg, den Er aufbrachte.

 

Denn Religion ist der Weg zum Schöpfer, den Seine von Ihm auserwählten Gesandten den Menschen klar darlegten und aufzeigten, um sie davor zu bewahren, von selbst gesponnenen Philosophien und Phantasien irregeführt zu werden. Damit sie nicht unnötig in Sackgassen geraten und so die Zeit ihres befristeten Daseins und Lebens verschwenden.

 

Der Atheist mag diesen schon bereiteten und einfacheren Weg aufgrund seines egoistischen Stolzes nicht annehmen. „Nein danke, aber ich brauche nichts davon. Ich finde meinen Weg schon selbst. Und falls nicht, denke ich mir einen eignen aus.“ Atheist bezeichnet jemanden, der lediglich keinen Glauben in den Weg Gottes besitzt, aber an den Weg, den er selbst hervorgebracht hat, glaubt. Denn in Wahrheit gibt es ohne den Glauben keine Bewegung, somit auch kein Voranschreiten auf irgendeinem Weg.

 

Deshalb werden es uns die Atheisten entschuldigen müssen, dass wenn sie auch nicht an die Wahrheit glauben mögen, sie in Wahrheit jedoch glauben müssen. „Die Farbe des Wassers ist die Farbe seines Behältnisses“, sagt ein großer Meister der Sufis. Die Worte der Großen sind sonderbar geheimnisvoll. Sprechen sie verschlüsselt, so muss man die Worte aufschließen, um verstehen zu können. Und jedes Schloss wird durch einen Schlüssel geöffnet. Wer diesen findet, kann es öffnen.

 

Seit dem ersten Menschen Adam, der Friede sei mit ihm, bis heute sind Milliarden und Abermilliarden Menschen auf diese, einem antiken Hotel ähnelnde, Welt gekommen. Hatten alle denselben Weg, dasselbe Ziel, denselben Glauben oder dieselbe Auffassung? Mitnichten.

Diese Welt gleicht einem botanischen Garten des Herrn, den er mit den unterschiedlichsten und vielfältigsten Blumen geschmückt hat. Du kannst darin jede Art von Blume finden. Und sind nun die Farben und der Duft aller Blumen darin dieselben? Unmöglich. Jede dieser Blumen ist einzigartig und mag sich in Farbe und Duft den anderen ähneln, jedoch ist sie ihnen niemals absolut gleich sondern vollkommen verschieden. Jede Blume ist verschieden und hat ihre eigene Welt, den ihr eigenen Duft, ihre eigene Sprache und den ihr eigenen Platz. Diese Welt ist ein mit Verschiedenheiten geschmückter Garten. Jede Blume hat ein ihr eigenes Geheimnis und Wispern.

 

In dieser Welt hat jeder Mensch seine ihm eigene Welt, den eigenen Glauben und ein eigenes Geheimnis. Wer könnte dies verhindern? Wenn nun jeder Mensch in sich eine eigene Welt und ein eigenes Universum ist, so bedeutet es, dass in diesen auch eine nur ihm eigene Vorstellung, eigene Wahrheit und ein ihm eigener Glaube oder Gott innewohnen müssen. Der Herr, Der in Wahrheit in Seiner Einheit und Einzigartigkeit der Absolute Eine ist, spiegelt sich innerhalb der Vielfalt und Verschiedenartigkeit auf die unterschiedlichste Art und Weise, entsprechend der Vorstellungen, der Annahmen und dem Glauben der Menschen, an diesen wider.

 

Dies wiederum ist eine Barmherzigkeit Allahs, des Einen und Einzigen, der Herr über Himmel und Erde ist. Ansonsten könnte nichts in der Existenz im Dasein bestehen. Alles würde wegen dieser Spaltungen und falschen Annahmen durch den Göttlichen Zorn im Nichts verschwinden und aus der Existenz ausgelöscht werden. Denn in der absoluten Wahrheit ist Allah der Eine und Einzige, außer Dem es keinen Gott gibt. Weder gebar Er noch wurde Er geboren. Er hat weder Anfang noch Ende. Und alle Wege sind von Ihm und werden wieder zu Ihm kehren.

 

Jede Existenz kann nur Sein durch eine Existenz erlangen. Aus Nichtexistenz kann nur Nichtsein hervorkommen. Nur aus der Existenz kann Dasein entspringen. Unser Körper wurde aus dem Nichtsein heraus erschaffen, er muss wieder zu nichts werden. Denn sein Wesen war es vorher, nichts gewesen zu sein, so wird er wieder zu diesem Ursprung zurückkehren und zu nichts werden. Über unsere Seelen sagt der Herr: „Ich hauchte dem Menschen eine Seele aus Meiner Seele ein.“

 

Dies ist mit einem Heiligen Vers besiegelt, dass unsere Seelen dadurch Sein erlangt haben, dass der Sultan über Himmel und Erde uns eine Seele aus Seiner Seele einhauchte. So kam aus Dem, Der Existent ist, Existenz und Sein hervor. Es ist unmöglich, dass ein wahrer Mensch aus der Existenz zu einem nichts wird, weil die Seele unmöglich zu nichts werden kann, auf Grund ihres Ursprungs in Seiner Absoluten Existenz. Deshalb ist sie unsterblich.

 

Warum haben wir uns hier versammelt? Unsere Absicht ist, dass diese Versammlung dazu beitrage, dass wir das Geheimnis ewigen Lebens erlangen. Also ist das erste, was wir wissen sollten: sterblich sind nur unsere Körper, jene tierischen Hüllen, die unseren Seelen zum irdischen Erscheinen verhelfen, nicht aber unsere Seelen selbst. Das ist der wichtigste Aspekt.

 

Warum? Weil die Menschen heute ihre Körper regerecht anbeten und alles tun, um diesen unsterblich zu machen. Das ist aber ein unmögliches Unterfangen und wird auch niemals möglich sein. Es ist ein Göttliches Gesetz, dass, was aus dem Nichts entspringt, wieder zu diesem zurückkehren und es werden wird – nichts. Denn alles muss zu seinem Ursprung zurückkehren.

 

Wisse, dass jeder Mensch einem Behältnis gleicht. So wie das Sonnenlicht sich in die Farbe des Glases einhüllt, durch das es hindurch scheint. Dem gleich scheint das Göttliche Licht auf das ihm eigene charakteristische Behältnis des Menschen und erscheint entsprechend seinem Wahrheitsverständnis und dem Talent der Wahrheitsauffassung durch es hindurch, sich in dessen Farbe einhüllend. So ist auch das Verständnis über die Wahrheit bei jedem Menschen, gemäß seiner Auffassungsgabe, unterschiedlich und die Wahrheit kommt auf verschiedenste Weise hervor. Daher haben Menschen unterschiedliche Sichtweisen, was die Wahrheit ist. Die vielen Kriege und Konflikte in der Geschichte und Gegenwart rühren eben aus diesem Grund her, weil den meisten die Weisheit und Sicht auf diese Göttliche Wahrheit fehlen.

 

Denn in Wahrheit ist alles im Dasein nur sichtbar, weil sich das Göttliche Licht in seiner ihm eigenen Nuance daran reflektiert. So wie die Sonne auf unsere Erde scheint und durch ihr Licht alles auf Erden erst Leben erhält und aus der Dunkelheit in Erscheinung tritt. Würdeman die Sonne auslöschen, so würde mit ihrem Verschwinden auch alles andere Dasein ausgelöscht werden. Nicht mal mehr ein Atom vermag man dann noch zu finden, weil dort, wo es keine Sonne gibt, es auch kein Leben in jeglicher Art und Weise geben kann. Der, der die Existenz des Herrn verleugnet gleicht deshalb einem Blinden, der unwissend und ohne Kenntnis von Licht ist. Sein Inneres als auch Äußeres ist in Finsternis.

 

Oh Mensch, sei wie die Sonne! Denn sie ist es, die allem, was sie durch ihr (er)scheinen sichtbar werden lässt, Leben schenkt. Und dabei unterscheidet sie niemals zwischen diesem oder jenem. Dort wo sie mit ihrem Licht scheint, bringt sie Erscheinung und gibt Leben. Niemand hat auf dieser Welt das Recht einen anderen auszulöschen, nur weil dessen Wahrheit nicht seiner eigenen entspricht. Denn wenn das Göttliche Licht sich in jemandem auf eine bestimmte Weise und entsprechend seiner Auffassungsgabe – also der Farbe seines Behältnisses – widerspiegelt und ihn ins Dasein bringt, so wäre es eine Tyrannei in den Augen der Weisen und eine Ungerechtigkeit und falsches Handeln, würde man dessen Wahrheit gering schätzen und ihr gegenüber abwertend sein.

 

Jedoch kannst du auch über kein Ding, das erst durch die Strahlen der Sonne in Erscheinung getreten ist, sagen: „Das ist Gott.“ Warum? Denn es war vorher nicht und wurde erst später durch den Schein und die Reflektion des Göttlichen Lichtes ins Dasein gebracht.

Könnte man sagen, dass die Sonnenstrahlen, die durch die Sonne erst hervorgebracht werden und erscheinen, die Sonne selbst wären? Jeder der einzelnen Strahlen ist von der Sonne, aber keiner von ihnen ist die Sonne selbst.

 

Die Strahlen und die Reflexion der Strahlen können niemals selbst die Sonne sein. Der Schein und die Erscheinung können niemals das Scheinende selbst sein. Versuche das richtig zu verstehen! Allah ist Der, Der weder geboren ist noch geboren wurde. Weder gibt es für Ihn Anfang noch Ende. Nichts vermag Seine Ewigkeit und Erhabenheit zu erfassen. Nichts vermag Ihm eine Grenze aufzuzeigen. Er ist jenseits von Raum und Zeit. Denn alle Richtungen, Zeit und Raum sind für seine Geschöpfe erschaffen worden.

 

So sehr du dich auch bemühst, du wirst niemals die Wahrheit Seiner Göttlichen Essenz mit deinem Verstand oder deiner Vorstellung erfassen können. Denn alles, was du dir vorstellen kannst ist auch erschaffen worden. Und Allah ist fern davon ein Geschöpf zu sein. Nichts was erschaffen wurde, kann Schöpfer sein.

 

Jedoch ungeachtet dieser Wahrheit stellt sich jeder Mensch, der von dem Wissen der Weisheit unberührt geblieben ist, den Herrn auf Grund der ihm innewohnenden Vorstellungskraft und Auffassungsgabe, entsprechend seiner Kraft und seinem Verständnis vor und malt sich sein Gottesbild im Geiste aus. Dann lebt er nach der Philosophie, die sich ihm von seinem angenommenen Bild erschließt und gestaltet seinen Lebensweg danach. Jedoch ist eine Philosophie niemals die Wahrheit und vermag diese auch nicht zu repräsentieren. Dennoch haben Menschen ihre eigene philosophische Meinung über die Wahrheit und erachten eben diese als wahr und glauben ihr.

 

Ob sich die Auffassungsgabe und das Verständnis eines Menschen erhöhen wird, ist in der Macht des Herrn und unter Seinem Willen. Die Weisen jedoch, belassen Menschen, solange sie nicht anderen Schaden zufügen in ihrer eigenen Wahrheit und sind ihnen gegenüber Tolerant, indem sie sie akzeptieren wie sie sind. So verhält man sich in Wahrheit richtig. Die eine und einzige Wahrheit ist Allah. Allah ist Der, Der nur mit Seinem Licht erkannt wird und sich in Seiner Göttlichen Essenz verhüllt. Denn im Letzten Testament heißt es: „Allah ist das Licht von Himmel und Erde.“

 

Stell dir vor, du errichtest ein Gebäude und baust darin 1000 Fenster ein, alle Scheiben in unterschiedlichen Farben und am Morgen geht die Sonne auf und scheint durch diese Fenster hindurch. Was wäre? Würden die Strahlen der Sonne im Gebäude hinter den Fenstern alle in derselben Farbe erscheinen oder in unterschiedlichen? Wer könnte dann behaupten, die Sonne selbst wäre grün oder blau oder schwarz? Wer könnte sich anmaßen die Sonne mit nur einer Farbe zu begrenzen und sie darauf festzulegen?

 

Niemand könnte sie eingrenzen! Denn die Sonne gleicht der Wahrheit. Und die Wahrheit ist nur eine! Und was eins ist, kann nicht gespalten oder zerteilt werden. Und etwas, das nicht teilbar ist, kann man auch nicht in Grenzen oder Schranken weisen.

 

Was sollen wir also tun? Wir müssen zu dieser nicht teilbaren, einen und einzigen absoluten Wahrheit, der keine Grenze gesetzt werden kann, nicht auf tausend Wegen, sondern auf einem, nicht auf dem längsten, sondern auf dem kürzesten und schnellsten Weg zu gelangen versuchen. Auch wenn es tausend Wege zum Einen geben mag, es gibt nur einen einzigen, der der kürzeste Weg ist. Es gibt keine zwei. Und diesen einen kürzesten Weg müssen wir finden.

 

Wenn Du jetzt Fragen solltest wie man diesen einen kürzesten findet, so ist auch die Antwort darauf nur eine einzige: „Frage dein Herz!“

Die Aufgabe des Menschen ist es, alle Wege, die zur Wahrheit führen, mit dem Verstand zu erforschen, um am sich Ende mit dem Herzen zu beratschlagen. Frage dein Herz. Warum? Weil der Verstand und die Gefühle sich täuschen können, das Herz aber nicht! Deshalb findet man die besten Antworten nicht mit dem Verstand, sondern mit dem Herzen.

 

Oh Mensch, wisse, es gibt keinen Zwang in der Religion gibt und viele Wege zur Wahrheit. Jeder darf auf dem Weg, den er wünscht, gehen. Und es gibt nur eine Hauptstraße und das ist die, die der Herr aufzeigt. Dieser Weg gleicht einer Autobahn. Wer auf Schleichwegen und Nebenstraßen fährt, kann sich leichter verirren und unnötig Zeit verlieren. Wähle du selbst deinen Weg. Denn der Weg ist dein, deine Lebensspanne auch. Du bist auch der, der gewinnt oder verliert, niemand anderer wird davon berührt. Aber wisse: Der, der auf der Autobahn fährt, verhält sich zu dem, der die Nebenstraßen fahren möchte, wie jemand, der mit dem Flugzeug fliegt, statt auf einem Esel zu reiten. Warum? Denn auf der Autobahn gibt es Schilder auf denen „Anhalten verboten! Umkehren verboten!“ steht. Deshalb führt die Autobahn schneller und einfacher zum Ziel.

 

Welcher Weg hält jedoch seine Reisenden an und zwingt sie sogar umzukehren? Die Sackgasse und der falsche Weg. Diejenigen, die in eine Sackgasse geraten und dann enttäuscht sind, müssen gezwungenermaßen den ganzen Weg umkehren, vorausgesetzt natürlich, dass sie noch genügend Zeit dafür haben…

 

Oh Mensch! Sei von denen, die die Wege mit dem Verstand, die Antworten jedoch mit dem Herzen finden. Denn nur dann können deine Träume, hinter denen Du her bist, wahr werden. Glücklich sind jene, die das Geheimnis der Wahrheit erlangt haben!