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Sesam öffne dich - Warum ist die Tür des Herrn verschlossen?

Bismillahirrahmanirrahim


Sesam öffne dich - Warum ist die Tür des Herrn verschlossen?

 

Sheikh Eşref Efendi, Medina, 02.08.2014

 

Elhamdulillah – Der Herr hat es uns ermöglicht, uns in Seinem Haus zu empfangen.
Sein Haus hat Er denen anvertraut, die in der göttlichen Gegenwart eine hohe Ehre haben.

Ibrahim (Friede sei mit ihm) wurde anvertraut, das Haus des Herrn aufzubauen. Auf Seinen Befehl hin arbeitete er mit seinem Sohn Ismael Tag und Nacht an der Errichtung. Herumliegende Steine trugen sie zusammen und schichteten sie zu Mauern auf.

Das Haus des Herrn, ein Symbol dafür, den Herrn zu besuchen - für alle Menschen dieser Welt: Kommt herbei, besucht das Haus des Herrn und umkreist es!

 

Zweifellos: Was ist der Sinn des Daseins, der Existenz? So spricht der Herr: „Ich habe die Menschen und die Geistwesen, die Djinn, erschaffen, damit sie mich anbeten, mich lobpreisen.“

 

Das ist der Sinn des Daseins, der einzige Grund unserer Erschaffung: Dem Herrn zu gedenken, ihn zu lobpreisen und anzubeten. „Ich habe aus Liebe erschaffen und um geliebt zu werden“, sagt der Herr.

 

Was ist denn das Gebet und die Andacht anderes, als seiner Liebe Ausdruck zu verleihen? Den Geliebten zu umkreisen und Ihm nah sein zu wollen...

 

Wozu dienen Gebet, Andacht, Zikir? Ursprung ist der Wunsch und der Wille dessen, der betet und die Andacht ausübt. Der Herr sagt: „Bittet, so werde ich euch geben!“ Doch sollten wir nicht dem Eseltreiber ähneln, der um Heu für seinen Esel bittet.

Mögen wir eher zu denen gehören, die nur nach dem Herrn verlangen und wie Junus Emre (Friede auf ihn) beten: „Oh Herr, ich bedarf nur Deiner.“

 

Wenn wir an die Tür des Herrn gehen, an Sein Haus, sollten wir beim ersten Anblick der Kaaba aus ganzem Herzen erbitten:

„La baik, Allãhumma la baik” – „Da bin ich, Oh Herr, da bin ich, stehe dir bereit und erbitte von Dir.“ Das Allererste worum ich dann bitte, erfüllt der Herr - so Er will.

 

Erbitten wir nichts Weltliches, sondern vielmehr von den unzähligen Schätzen des Herrn, die Er uns anbietet.

„Verlange nicht nach Heu“, sagt der Herr, „verlange nach dem Schatz!“

 

Es geht um viel mehr, es geht um viel mehr, es geht um viel mehr - als um Heu!

Allah sagt: „Wahrlich, ich habe die Menschen und die feinstofflichen Wesen erschaffen, damit sie mich anbeten und lobpreisen. Durch Lobpreisung und Anbetung kommen sie mir nah. Auch habe ich euch erschaffen, weil ich lieben und geliebt werden wollte. Doch wie willst du lieben lernen und lieben können, wenn du mir nicht nah bist?“

 

„Wie willst du mich lieben, wenn du mich nicht erblickst, meine Schönheit und meine Pracht nicht siehst und nicht erkennst? Wie willst du mich dann lieben?“

 

Rotz und Wasser heulend werfen sich die Menschen an die Kaaba und erbitten Vorort alles Mögliche vom Herrn; aber niemand ruft: „Oh Allah, mach die Tür auf und zeig Dich mir in Deiner Schönheit und Pracht. Ich will Dein Mondgesicht sehen.“

Was denkt ihr, warum die Tür an der Kaaba verschlossen ist? Die meisten Menschen kommen bis zur Tür, aber nicht weiter. Nun, auch schon bis zur Tür gekommen zu sein ist eine große Ehre. Doch nur an die Tür zu gelangen, dann aber nicht hineingelassen zu werden und so zurückzukehren - das ist besonders bitter.

 

Der Herr spricht: „Komm an meine Tür, aber schau währenddessen nirgendwo anders hin!

Komm, doch trete auf dem Weg nicht auf die Dornen, die Dich zu mir führen!
Komm, ohne nach rechts und links zu schauen!


Komm, ohne nach anderen Türen Ausschau zu halten!

Komm zu mir, ohne etwas anderes als mich oder meine Tür gesehen zu haben.“

Weiß denn Allah nicht, wem Er Seine Tür anvertraut? Er hätte sein Haus auch nur ganz besonderen Menschen anvertrauen können. Jene, die zu schätzen wissen, was für ein Heiligtum das ist, was ihnen da überhaupt ans Herz gelegt wurde. Stattdessen schenkt Er Sein Vertrauen den Menschen, die keinen Verstand, sondern nur Heu im Kopf haben.


Solchen, die noch nicht einmal wissen, was ihnen da anvertraut wurde, es somit auch nicht würdigen können. Auf diese Leute musst du nicht schauen.

 

„Oh Ibrahim, bau mir mein Haus, säubere und putze es, und halte es rein!“, sprach Allah zu Abraham (Friede auf ihn).

Was haben wir dort Vorort gesehen? Nur Schutt und Baustellen. Doch wir hätten diese Baustellen nicht sehen müssen, wir hätten gar nicht erst auf sie schauen sollen. Diejenigen, die diesen Fehler gemacht haben, konnten nicht hinein in dieses Haus, für sie war es verschlossen. Unsere Aufgabe bestand darin, das Haus Gottes anzuschauen und sonst nichts.

 

Haben wir uns dennoch ablenken lassen, müssen wir wenigstens im Herzen Reue zeigen und sagen: „Vergib uns, oh Herr, wir haben nicht aufgepasst. Wir haben die schlechten Bilder angeschaut, nicht aber das schöne Bild. Oh Herr, das Wesentliche haben wir vergessen: Der Grund, warum wir diese Reise gemacht haben.“

 

Warum sind wir gereist? Um uns anzuschauen, was die Wahabiten dort anstellen und auf deren Baustellen zu achten? Oder sind wir gekommen, um das Haus Gottes zu sehen - und nur deshalb?“

 

Es ist eine Prüfung! Das sagt der Herr in Seinem heiligen Buch: „Es ist eine Prüfung und es ist ein Training für eure Egos, für eure Spiritualität.“

 

Dieser Weg ist mit Schwierigkeiten verbunden. Wer sich gedacht hat, dort eine stille Zeit zu erleben und der endlosen Farbenpracht der Regenbögen zu frönen, hat sich geirrt. Das ist ein hartes Ritual! Deine Prüfung dort bestand darin, dich nicht ablenken zu lassen.

„Und wahrlich habe ich meinen Meistgeliebten zu mir in meine göttliche Gegenwart eingeladen“, sagt Allah.

 

Auf dem Weg zu Seinem Herrn hat Sein Meistgeliebter weder nach rechts noch nach links geschaut. Durch acht Paradiese und sieben Höllen ist er geschritten. Was auch immer er dabei vorgefunden hat: Er hat sich nicht ablenken lassen. Durch nichts!

Als der Herr seinen Meistgeliebten einlud, befahl Er den Himmeln: „Möget ihr euch schmücken!“ Den Engeln wurde aufgetragen, sich mit den schönsten Kleidern herauszuschmücken und in voller Pracht zu glänzen. Die schönsten und lieblichsten Gesänge sollten sie singen. Den sieben Höllen befahl Er: „Löscht alle Feuer in den Höllen!“ Sogleich erloschen darin alle Feuer. Den acht Paradiesen ordnete Er an: „Schmückt euch mit dem Schönsten und Lieblichsten, was man sich nur vorstellen kann, und bietet euch dar. Denn er kommt, mein Meistgeliebter! Möge sich Freude und Feier verbreiten. Mögen alle Himmel hell erleuchten!“

 

Dies sollte ein Beispiel für uns sein, wie der Meistgeliebte auf dem Weg zu seinem Herrn all die Pracht, den Glanz, die Lichter und die Schönheiten, aber auch das Schreckliche der Höllen zwar gesehen jedoch nicht beachtet hat. Nirgends ist er steckengeblieben, ging stetig voran, hatte sein einziges Ziel vor Augen nicht verloren: Seinem Herrn zu begegnen!


Auf diese Weise ist er seinem Herrn entgegengegangen – und nur so konnte er Ihn erreichen und sich mit Ihm vereinen.

Das sind die Gesandten des Herrn: Sie sind Mustermänner für uns. Gute Beispiele, damit wir von ihnen lernen können, wie wir zu sein haben.

 

Die Kaaba – das Haus Gottes!

Deshalb sagten wir: Schaut nicht nach rechts, schaut nicht nach links! Lasst euch nicht betrügen von diesen schlimmen Bildern um das Haus Gottes herum. Lasst das! Das Haus Gottes ist unser Ziel! Was ist unsere Aufgabe? Das Haus Gottes zu umkreisen und himmlische Rituale zu ermöglichen.

 

Unsere Aufgabe war nicht, auf das eine oder andere zu schauen und auf Menschen, die sich falsch verhalten, sie gar zu verurteilen. Niemand hat uns solch eine Aufgabe erteilt. Unsere Aufgabe bestand darin, der Einladung Allahs zu folgen, als er sagte: „Komm zu mir! Komm zu mir und bete mich an.“ Er hat nicht gesagt: „Nebenbei kannst du andere, die sich falsch verhalten, verfluchen, verletzen und ‘Pfui‘ ausrufen.“ Das hat Er nicht von uns verlangt.

 

Er hat gesagt: „Komm und sprich:

„Labbaik Allãhumma labbaik, labbaika lã šarika laka labbaik. Inna-l-hamda wa ni’mata laka wa-l-mulk, lã šarika lak.“

Was bedeutet das? „Ich bin gekommen, oh Herr, hier stehe ich an deiner Tür. Es gibt keinen, den man dir beigesellen kann. Alles Lob, alle Gunst und die Herrschaft sind Dein. Es gibt niemanden außer Dir.“

 

Und nun folgt die himmlische Interpretation: Es gibt nur Dich, oh Herr – Deine Schönheit. Außer Dir gibt es nichts anderes zu sehen: Weder rechts noch links, keinen Wahabi und auch sonst niemand anderen. Was soll ich außer Deiner Existenz sehen können, was kann ich sehen können?

 

Es gibt ja nur Dich und Deine Existenz!

Diesen Wahabiten gibt es nicht, seine absonderliche Baustelle auch nicht. Das ist gemeint mit „Labbaik Allãhumma labbaik, labbaika lã šarika laka labbaik“.

 

Wenn wir diese Wahrheit wirklich im Herzen spüren und wahrhaftig empfinden - dann öffnet sich diese Tür.

So aber gehst du an die Tür, klebst daran und rufst: „Mach auf!“


Doch bleibt sie dir verschlossen,
solang dein Herz verdreckt ist,
du nach links und rechts schaust,
du andere bewertest und sagst: „Du und du bist schlecht - und du auch.“

„La baik“ sagst du und stehst an meiner Tür“, sagt der Herr. „Doch bist du wirklich zu mir gekommen? Oder bist du hierhergekommen, um im Center einzukaufen oder mit den Wahabis zu streiten?“

„Bist du wirklich zu mir gekommen?“

 

Oh, ihr Menschen, ihr müsst lernen, der Wahrheit näher zu kommen und sie zu verstehen. Die Wahrheit ist: Es gibt keinen anderen außer Ihn.

 

Der Herr repräsentiert das Schöne und das Gute, das Reine und das Saubere. Das andere, das gibt es nicht, ist nicht existent.

Niemand hat sich an der Kaaba gefragt: Warum ist diese Tür geschlossen?
„Na damit nicht jeder hinein kann, Sheikh.“


Richtig! Doch hat das keinen tieferen Sinn? Niemand hat sich darüber Gedanken gemacht.

Es hat einen tieferen Sinn!

 

Glaubst du, Er lädt dich in Sein Haus und lässt dich draußen vor der Tür stehen? Was wäre das für eine Einladung, wenn du deinem Gast keinen Einlass gewährst, ihm die Tür nicht öffnest?

 

Die meisten der hier Anwesenden sind mit uns gereist. Wer hat diese Frage an der Tür und an der Wand der Kaaba Seinem Herrn gestellt? Auch beim Umkreisen der Kaaba: Hat sich niemand gefragt: „Ja, oh Herr, du hast mich zwar hierher eingeladen, aber warum bleibt die Tür für mich verschlossen?“ Hat das niemand gefragt?

 

Ich gebe die Antwort: Nein! Weil niemand darauf gekommen ist – der Verstand reichte nicht aus.
Sorry!

 

Wir sprechen hier nicht von einer hundertprozentigen Nutzung des Verstandes. Täte man dies mit nur zehn Prozent, man könnte Berge versetzen. Man spricht davon, dass Einstein neun Prozent seines Verstandes nutzte, dennoch ist er nur bis zum ‚Wurmloch‘ gekommen. Oder nicht? Irre ich mich? Was hat Einstein denn darüber gesagt?

 

„Sheikh, er sagte, dass es nicht nur ein, sondern mehrere Universen gibt. Durch eine Art Wurmlöcher können diese miteinander verbunden sein.“

 

Also Kanäle - ja, das haben wir Muslime schon vor tausendfünfhundert Jahren gewusst...

Es hat einen Grund, dass man den Herrn trotz Seiner Einladung an Seine Tür nicht nach Einlass fragt:

Wenn vier Millionen Menschen dorthin pilgern, stehen auch vier Millionen Menschen vor der Tür - und werden nicht hineingelassen. Somit entsteht das Bild, dass es anscheinend selbstverständlich sei, nicht hereingebeten zu werden.

Was hat es mit dem ‚Schwarzen Stein‘ in der östlichen Ecke der Kaaba auf sich?


Ist er während des Umrundens nicht erreichbar, streckt man an dieser Stelle die rechte Hand in seine Richtung hoch und sagt dabei: »Bismillah Allahu Akbar«!

 

Der ‚Schwarze Stein‘ ist vergleichbar mit der Stempeluhr einer Fabrik. Auch wenn man eigentlich gar nicht gearbeitet hat – man stempelt sich erst einmal ein und sagt damit aus “ Da bin ich.“

 

Somit wird registriert: Dieser ist hierhergekommen, jene war auch hier. Zumindest wurdest du erfasst als jemand, der anwesend war... Doch nur derjenige wird durch die Tür hereingebeten, dessen Herz rein ist!

 

Was wird dafür von euch verlangt? Was haben wir euch am Anfang immer gesagt?

„Jetzt müsst ihr aufpassen! Denn jetzt begeben wir uns über die Grenzen zu Gottes Haus, jetzt müsst ihr aufpassen! Worauf? Auf eure Gedanken und eure Taten! Sprecht auch nichts Schlechtes, beachtet: Ein schlechter Gedanke ist in diesem Zustand verboten.“

„Du hast nicht einmal das Recht, dein eigenes Haar auszuzupfen, dass darfst du nicht. Dies ist eine so empfindliche, feine Angelegenheit. Selbst wenn du nur aus Versehen ein Haar verlierst, musst du Strafe zahlen – 15 oder 10 Cent, wie auch immer.“

 

Warum haben wir das verlangt? Aus Spaß, aus Spielerei? Damit es Regeln und Riegel gibt? Nein! Damit wir unsere Herzen rein halten können. Damit wir so sehr achtsam sind, wirklich nichts Schmutziges hineinzulassen - und so vor dem Haus Gottes stehen können.

Doch der ‚Schwarze Stein‘ schaut nicht auf deine Hand, während du sie in seine Richtung hochstreckst und »Bismillah Allahu Akbar« sagst:

Er schaut in dein Herz!

 

Und sollte es darin etwas Unreines geben, bleibt die Tür verschlossen. Dieser Stein ist wie ein Türsteher der schaut, ob du würdig bist, hineingelassen zu werden.

 

Wie viele haben es geschafft, sich von der Umgebung und dem Verhalten der anderen Menschen nicht irritieren zu lassen? Wie viele? Wie viele haben ihre Gedanken und ihre Zunge rein halten können?

 

Das ist es! Wir müssen üben! Üben, unsere Gedanken rein zu halten.

Ein wahrer Naqshibandi sagt: „Für einen Naqshibandi ist es sogar verboten, unreine Gedanken zu haben, für einen normalen Gläubigen hingegen ist das keine Sünde. Solange es nur bei solch einem Gedanken bleibt, ohne ihn umzusetzen, ist das straffrei. Doch für einen Naqshibandi auf dem Weg, ganz gleich ob Sheikh oder Schüler, für diesen ist selbst ein schlechter Gedanken strafbar.

Du musst deine Gedanken unter Kontrolle halten und das Schlechte sofort verwerfen. Daher sagen wir ständig „Estagfirullah“ - so ist stetige Reinigung unser Gedanken möglich. Fortwährend bitten wir um Vergebung. Nicht aufgrund unserer bösen Taten, nein, wir sind ja keine bösen Menschen und haben somit keine bösen Taten... doch böse Gedanken schon.

 

Haben wir das geschafft, wird sich diese Tür, inshallah, für uns öffnen. Wahrlich öffnen: Der Herr wird Sich öffnen! Und wir werden den Sultan in Seinem Palast innerhalb Seiner Umgebung, Seiner eigenen Räumlichkeiten, sehen.

So aber haben wir nur die Wände gesehen - nicht aber den Sultan im eigenen Haus.

 

Fatiha.

 

So viel reicht! Wir sind alle müde.

Wir befinden uns jetzt in der letzten Woche des Monats Sha’ban şerif, der heilige Monat des Propheten (Friede auf ihn). Nächste Woche Freitag, inshallah, beginnt der heilige Monat Ramadan, der Monat der Gläubigen, der Vergebung.

Möge uns Allah diesen Monat erreichen lassen,


möge Er uns überleben lassen, ohne vor Durst und Hunger zu sterben,
möge Er uns aufgrund des großen Hungers keine Kopfschmerzen bereiten,
möge Er unsere Nerven nicht blank liegen lassen,


mögen wir somit nicht aggressiv und angriffslustig sein.

... auf dass wir inshallah locker und stark und voller Motivation fasten können.

 

Möge Allah unsere Gebete erhören.

 

Fatiha