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Das ist ein Hammer

Bismillahirrahmanirrahim


Das ist ein Hammer

 

Sheikh Eşref Efendi | Berlin,  25.05.2014

 

Wir sind hier um zu lernen, um zu hören. Willst du lernen, musst du zuhören!

Wir wollen mit dem Gebet des Propheten (Friede auf ihn) beginnen: „Oh Herr, lass uns nicht auch nur für einen Augenblick allein mit unserem Ego. Gib uns nützliches Wissen und bewahre uns vor unnützem Wissen.“

 

Was ist heutzutage die größte Schwierigkeit eines Menschen? Sein Ego! Wäre es nicht, gäbe es keine Probleme. Betrachten wir die Engel im Himmelreich: Sie besitzen kein Ego und kennen daher kein Leid und keine Schwierigkeiten – sie haben keine Beschwerden.

Was müssen wir sodann tun? Wir müssen alle zu Engeln werden. Doch das ist nicht so einfach, führt der Weg dahin erst einmal durch unser Ego hindurch. Dorthin kannst du aber nicht gelangen, wenn du in deinem Ego stecken bleibst, es nicht überwindest. Es wird dich nicht in Ruhe lassen. Solange du in deinem Ego festhängst, wird es dich immer wieder pieksen und stechen – und du wirst es nicht bezwingen können.

 

Die Engel sind ununterbrochen damit beschäftigt, ihren Herrn zu preisen: „Ya Rabbi, oh Herr, wir sind Deine Geschöpfe und Du bist unser Herr.“ Je öfter sie das aussprechen, desto mehr erfüllt der Herr sie mit Freude; sie können nicht klagen, da sie allzeit von Freude durchdrungen sind.

 

„Sheikh, wie kann ich denn mein Ego überwinden, wie kann ich das schaffen?“

Frag! Stell diese Frage und du bekommst Ratschläge, wie du vorgehen solltest!

Zuerst erhältst du kleine Hinweise. Beginnst du diese umzusetzen, wirst du Schritt für Schritt vorankommen. Das größte Problem der Menschen ist ihr Ego. Die Eigenart des Egos zeigt sich darin, dass es sich aufplustert, sich groß darstellt. Jedes Ego hält sehr viel von sich „Ich kann auch was, ich bin auch zu etwas zu Nutze, ich bin wertvoll. Wieso weiß das denn niemand zu schätzen? Wieso hält mich niemand hoch empor, höher noch als ich selbst das schon tu?“

 

Es fährt fort: „Ich habe Fähigkeiten, Charisma; ich möchte, dass das anerkannt wird. Ich diene einer guten Sache und bin nützlich für andere.“

 

In diesem Moment, wo du dies von dir behauptest, bist du zu nichts zu Nutze! Denn genau dann pludert sich das Ego auf, größer und größer. Das ist eine falsche Behauptung! Frag dich lieber: „Bin ich denn zu etwas zu Nutze?“ Sollen dich doch die anderen loben und anerkennen.

Der Herr spricht: „Deine Aufgabe, oh Mensch, ist es, dein Ego zu verkleinern statt es zu vergrößern.“

 

Wenn du behauptest

“Ich bin so talentiert
und unsagbar nützlich,
bin so begabt mit hervorstechenden Fähigkeiten,
ich bin besser als andere...“

...dann bist du wie jemand, der in den Dreck gefallen ist, diesen mit einer leichten Hin- und Herbewegung versucht abzuschütteln und anschließend behauptet, sauber und rein zu sein. Tatsächlich bist du aber noch immer völlig verdreckt - nur weil du dich schüttelst, fällt der Dreck nicht gänzlich von dir ab. Dein Gegenüber sieht den Schmutz noch an dir kleben - ihn kannst du nicht betrügen.

 

Oh ihr Menschen, hört auf, euch selbst zu loben. Lasst es, eure Fähigkeiten zu präsentieren und lasst ab davon, von anderen Anerkennung bekommen zu wollen. Überlasst das den anderen! Mögen sie über euch kundtun, dass er oder sie große Fähigkeiten besitzt, in diesem oder jenem besonders talentiert ist.

 

Es schickt sich nicht, dass du das von dir selbst behauptest!

Hast du jemals einen Hammer gesehen, der behauptet „Ich bin so talentiert, ich kann das so gut wie kein anderer. Mit nur einem Schlag ist der Nagel in der Wand versenkt. Zahlreiche Picasso-, da Vinci- und Rembrandt-Bilder habe ich schon an die Wand genagelt und Millionen von teuren weiteren Gemälden. Wenn ich will, kann ich sogar dich an die Wand nageln, solch ein Hammer bin ich.“ Und nun kommt der Deutsche und sagt „Hammer!“ Jetzt weißt du, woher dieser Ausspruch kommt...

 

Was aber wird passieren, wenn der Hersteller des Hammers, der Meister, beschließt: „Ah, du bist so hochmütig, dich werde ich jetzt mal in die Ecke werfen, mal sehen, wozu du dann noch fähig bist.“


Wozu dienst du Hammer, wenn es keine Hand gibt, die dich ergreift, dich lenkt und leitet, dir zeigt, wie du zu funktionieren hast? Ohne diese Meisterhand - wozu wärest du zu Nutze?

 

Es heißt „Wessen Namen man ruft, dessen Beistand ist gegenwärtig.“ Nun sprechen wir hier von einem Hammer - ob wir wohl von ihm Beistand bekommen werden?

 

Wenn ihr eure Egos stets weiter aufplustert, wird ein Hammer daherkommen und euch auf den Kopf hauen – ein Schlaghammer. So sprich mit deinem Ego: „Wenn du dich weiterhin so aufbläst, dich so wichtigmachst, wozu dienst du dann? Wozu bist du zu gebrauchen?“

Es mag sein, dass du ein guter Schreiner bist und dich darin nützlich machst. Vielleicht bist du ein Schuster, der von seinem Handwerk etwas versteht. Sei es auch, dass du eine Krankenschwester oder ein Arzt bist, ein guter noch dazu...so frag dich „Ist das alles, wozu Allah mich erschaffen hat?“

 

Im Monat Ramadan bist du stolz darauf, dass du fastest, während alle anderen um dich herum essen. Auch auf deine täglichen Gebete mit 30 Gebetseinheiten, 600 sogar, bist du stolz - denn du siehst die anderen, die nicht beten. Dein Ego plustert sich auf...

Allah der Herr verspricht uns die Ewigkeit. Und aufgrund dieser Unendlichkeit stellt sich die Frage: Was bedeuten schon sechshundert Gebetseinheiten? Und seien es auch sechstausend, sechshunderttausend, sechs Millionen, Milliarden, Trillionen, Trilliarden und mehr – angesichts der Ewigkeit ist das nichts, sind sie gleich null. Was wird nun aus deinen Millionen von Gebeten? Null!

Womit rühmst du dich und erhöhst dich, wenn Allah dir solch große Schätze verspricht? In Anbetracht dessen hast du nichts, wofür du dich so hervortun könntest.

 

Wirst du dir, auf dem Sterbebett liegend, selbst den Atem geben können, um weiterhin ein- und auszuatmen? Vermagst du das von dir heraus zu schaffen? Und bist du letztendlich gestorben: Ist es dir möglich, dir wieder Leben einzuhauchen? Das wäre eine Kunst und würde großen Applaus verdienen... Daher weise dein Ego an: „Oh Ego, wenn du dir selbst kein Leben einhauchen kannst, dann sei still!“

„Gäbe es nicht die Macht, die mir Leben und Stärke verleiht und mich lenkt und leitet, ich wäre zu nichts zu Nutze.“ Sag dir das! Es würde schon ausreichen, deinem Ego klarzumachen: „Oh Ego, gäbe es nicht die Kraft, durch die du dich überhaupt erst einmal bewegen kannst, wärest du zu nichts zu gebrauchen.“

 

Stell deinem Meister die Frage: „Wozu diene ich, wozu nutze ich, wozu bin ich gut?“ Er könnte dir antworten: „Eigentlich zu nichts, aber du kannst anfangen, auf der Toilette die Klo-Steine zu säubern. Wir wollen erst einmal sehen, wozu du gut bist. Die Arbeit mit den Klo-Steinen könnte an und für sich jeder ausüben – tatsächlich aber auch nicht. Beweise erst einmal, was du so kannst.“

Würde man eintausend Leute vor die Toilette stellen und fragen: „Wer von euch kann diese Toiletten-Steine säubern, wer von euch ist dazu fähig?“ Alle würden ausrufen: „Ich kann das nicht!“

 

Sag dir immer wieder: „Ohne die Kraft, die mir den Anstoß gibt, in Bewegung zu kommen, wäre ich nichts wert.“

„So Sheikh Efendi, du sprichst davon, dass die Menschen von sich behaupten etwas zu sein und sich damit rühmen und dennoch ohne diese Kraft, Führung und Erlaubnis zu nichts fähig wären – jetzt beweis du uns das doch erst einmal.“

Gut, nehmen wir als Beweis unseren hier anwesenden Bruder und fragen ihn:

Welchen Beruf üben Sie aus?


„Diplom-Ingenieur für Informationstechnik, Sheikh.“

Er behauptet, er sei Ingenieur für Informationstechnik. Ist das zu etwas zu Nutze?
„Bis heute bin ich im Leben ganz gut damit klar gekommen und habe meine Brötchen auf diese Weise verdient.“

Ah, er rühmt sich damit!

 

Was aber wäre, wenn dich dein Arbeitgeber feuern würde - welchen Wert hätte dein Beruf? Wärest du dann zu irgendetwas gut?
„Ja, Sheikh Efendi, zum Toiletten säubern.“

 

Doch für die Aufgabe des Toiletten-Steine-Putzens kann man sich nicht selbst ernennen, auch dazu muss man vom Meister berufen werden, denn auch das ist eine Stufe.

 

Wer behauptet von den hier Anwesenden, zu etwas zu Nutze zu sein? Wer ist noch etwas?

Dein Arbeitgeber wirft dich raus und du bist arbeitslos. Wenn man dich so wie den Hammer in die Ecke wirft, du somit nicht zum Einsatz kommst, wozu bist du dann gut und wem dienlich?

 

Warum rühmst du dich und bläst dich so auf? Selbst wenn du alle vier himmlischen Bücher, die herab gesandt wurden, auswendig könntest und du somit das höchste Wissen hättest, das ein Mensch haben kann – dies aber nicht abgefragt wird:

Wozu dient dir deine erworbene Gelehrtheit auf sämtlichen Wissensgebieten, wenn dich niemand danach fragt?

„Ich backe ganz tolle Kuchen, bin ein guter Bäcker, Sheikh.“


Angenommen, es würde niemand Kuchen kaufen:
Wozu nutzen sie dann?
Was machst du nun?
Du schließt dein Geschäft...

 

Wenn es niemanden gibt, der deine Befähigungen erkennt und dir Arbeit gibt, um diese Fähigkeiten einzusetzen, sind sie unbrauchbar.

Oh Ihr Menschen, sagt nicht „Ich kann dies und jenes besonders gut, bin darin und in jenem herausragend und habe tolle Fähigkeiten.“

Sagt das nicht!

 

„Ich bin jemand, der kann so gut schreiben.“ Doch reicht dir niemand den Stift, nützt dir dieses Talent auch nichts...

Präge deinem Ego beharrlich ein: Ohne dass deine Fähigkeiten zum Einsatz kommen, nützen sie dir nichts. Hast du keinen Arbeitgeber, der dir Arbeit entsprechend deiner Eignungen gibt, sind sie nicht dienlich.

 

Erinnere dich stets an Ihn und sprich: „Oh Herr, gut dass es Dich gibt. Wie schön, dass ich einen Herrn habe!“

Allah sagt: „Auch wenn du nichts kannst, ein Taugenichts bist und überhaupt nicht zum Einsatz kommst, dann sei mir wenigstens ein Diener. Setz dich und lobpreise meine schönen Namen, anstatt Schwachsinn zu reden - sag ‚Allah‘!“

 

Schau, du hast einen Herrn, der zu dir spricht: „Sei mir ein Diener!“ Täte Er dies nicht, wozu würdest du dann dienen?

Nur zu, frag dein Ego: “Wo warst du, bevor mein Herr mir auftat ‚Sei mir ein Diener, oh mein Geschöpf‘. Wo warst du, als Er mich in diese Welt eingesetzt hat und mir Arbeit gab? Mit welcher Fähigkeit hast du dich vor deiner Aufgabe der Dienerschaft gerühmt? Was warst du wert?“

 

Nichts! Daher sagt der Herr: „Aus dem Nichts heraus sei mein Diener!“

Du bist ein Nichts! Allah hat dich aus dem Nichts erschaffen und zu einem Diener gemacht. Dadurch hast du einen Wert bekommen. Nun weißt du zu schätzen, dass du durch Allah, durch deinen Schöpfer, zu etwas geworden bist. Vorher warst du nichts!

Das ist ein Hammer, nicht wahr? So haben wir nie gedacht: Dass wir erst durch Dienerschaft einen Wert bekommen. Doch diesen hast nicht du dir gegeben, sondern der, der dich erschaffen hat: Dein Schöpfer!

 

Somit: Lass andere dich loben, was für ein wertvolles Wesen du bist. Hör auf, das selbst von dir zu behaupten!

In Goldgruben ist das Gold unterirdisch versteckt. Habt ihr jemals das Gold rufen hören: „Hallo, hier unten, ich bin hochkarätiges Gold - Hu Hu, kann mich jemand hören?“

 

Oh du Goldstück, versteckt unter der Erde: Was bist du wert, wenn es niemanden gibt, der dich mit einem Golddetektor aufspürt und dich aus der Dunkelheit des Seins hervorholt? Der dich ins Licht, in die Existenz bringt und dir dadurch einen Wert beimisst...

Was bist du Wert unter der Erde? Wärest du auch noch so kostbar: Unter der Erde, unter so vielen unnützen Steinen, bist du wertlos.

Wenn es nun keinen Meister gibt, der dich als Goldstück erkennt, dein Karat ermittelt und aller Welt kundtut: „Dieses Goldstück hat so und so viel Karat“ - wenn es solch eine Meisterhand nicht gäbe: Was hätte dieses Goldstück für einen Wert? Ohne diese Hand, die dich verarbeitet, bearbeitet und poliert, wie viel Karat hättest du?

 

Und wir gehen noch weiter: Gäbe es nicht diese Meisterhand, den Goldschmied, der dieses rohe Stück Gold verarbeitet, in eine schöne Form gießt, diese kunstvoll bearbeitet, um dich dann in eine Vitrine zu stellen und dich als Kunststück bewundern zu lassen – was wäre dieses Stück Gold ohne den Meister wert?

 

Habt ihr jemals davon gehört, dass Rubine, Saphire, Diamanten und all die Edelsteine, welche glitzern und glänzen, rufen „Hu Hu, schaut mal, wie kostbar und schön ich bin“?

 

Nein, ganz bescheiden liegen sie in der Vitrine. Von den vorbeigehenden Menschen werden sie bestaunt. Und werden sie einmal nicht bewundert, denkt ihr, das Goldstück wundert sich? Nein, es ist davon unbekümmert!

 

Nun schau in den Spiegel und ermahne dein Ego: „Und wenn du Dienst an der Menschheit tust, sei nicht hochmütig und prahl nicht damit.“ Dienst du dazu noch den Tieren, den Pflanzen - gar der gesamten Schöpfung - dann spuck dich an und ruf aus: „Hör auf zu prahlen!“

Protze nicht mit deinen guten Taten, seien es auch noch so viele! Zähle sie nicht auf und gib nicht damit an. Denn angesichts der Unendlichkeit, die dir der Herr verspricht und gibt, sind all die zahlreich guten Taten, die du vollbracht hast, nichts!

Zähl sie nicht! Lass das die anderen machen - damit der Herr und andere Menschen auf dich zählen können...

 

Fatiha